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Glasgow Commitment: Mehr als 850 Firmen beteiligen sich an Bahn-Aktion

Mit dem Glasgow Commitment ruft die Deutsche Bahn zu klimafreundlicheren Dienstreisen auf. Was die beteiligten Unternehmen vorhaben.
Die Deutsche Bahn sagt dem Fliegen den Kampf an. (Foto: Jeshoots.com)
Die Deutsche Bahn sagt dem Fliegen den Kampf an. (Foto: Jeshoots.com)

Zum Klimagipfel in Glasgow hat die Deutsche Bahn eine besondere Aktion aufgewartet: Die Beschäftigten von Firmen, die mit dem Vorsatz ins neue Jahr starten, ihre Geschäftsreisen klimafreundlicher zu gestalten, erhalten 50 Prozent Ermäßigung auf die Bahncard 100. An dem sogenannten “Glasgow Commitment” beteiligen sich nach Angaben der Deutschen Bahn inzwischen mehr als 850 Organisationen. Dazu zählen die Commerzbank, das Energieunternehmen Vattenfall, der Softwarekonzern SAP, die Sportartikelkette Decathlon, die Unternehmensberatung Deloitte oder auch die Humboldt-Universität in Berlin.

Die Deutsche Bahn hat mehr als 30.000 Geschäftskunden. Sie alle haben die Möglichkeit, beim Glasgow Commitment mitzumachen. Damit die Unternehmen den Klimarabatt auf die Bahncard 100 erhalten, müssen sie lediglich (unverbindlich) zusagen, im kommenden Jahr ihre Dienstreisen klimafreundlicher zu gestalten. Viel Zeit dafür bleibt aber nicht mehr. Die Aktion läuft am 23. Dezember um 15.59 Uhr ab.

Doch was tun die Unterstützer des Glasgow Commitments tatsächlich für den Klimaschutz? Journalistico hat zehn zufällig ausgewählte Organisationen angeschrieben und sie gebeten, zu erläutern, wie sie ihre Dienstreisen klimafreundlicher machen werden. Geantwortet haben die Krankenkasse Barmer, die Burgerkette Burger King, das Preisvergleichsportal Check24, die Deka-Bank, der Versicherer HDI und der Sparkassenverband Bayern. Keine Antwort erhielten wir nach zwei Wochen von den Unternehmensberatungen Deloitte und Kienbaum, den Scandic Hotels und der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen.

Glasgow-Commitment: Check 24 verschärft Dienstreiseregelungen

Die bisherigen Dienstreiseregelungen seien dahingehend verschärft worden, dass die Bahnreise gegenüber wettbewerbsfähigen Alternativen bevorzugt werden müsse, teilte Check 24 mit. Das Unternehmen hat bereits strenge Klimavorgaben. So wurden zum Beispiel Mitarbeiterparkplätze abgeschafft, damit es für die Beschäftigten weniger attraktiv ist, mit dem Auto zur Arbeit zu kommen. Die Standorte werden mit Ökostrom betrieben, es gibt Jobtickets und Recycling-Boxen für soziale Zwecke.

Bei bestimmten Reiseverstößen werden laut Check24 sogar Strafzahlungen fällig. Das Unternehmen betont, dass die ambitionierte Klimastrategie auf Wunsch der Beschäftigten entstanden sei und von diesen unterstützt werde. Check24 ist bereits heute als klimaneutral zertifiziert.

Buchungsportal der Deka zeigt umweltfreundliche Reisemöglichkeiten

Die Deka-Bank teilte keine explizite Änderung der Dienstreiseregelungen aufgrund der Teilnahme am Glasgow Commitment mit. “Die Deka achtet bei Dienstreisen bereits seit vielen Jahren auf die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel”, so eine Sprecherin. “Unser Buchungsportal enthält nicht nur Informationen über umweltbewusstes Reisen, sondern ist auch mit einem sogenannten UmweltMobilCheck ausgerüstet worden, der umweltfreundliche Reisemöglichkeiten ausweist. Zukünftig sollen auch bei der Buchung von Unterkünften vermehrt nachhaltig zertifizierte Hotels angeboten werden.”

Ziel sei es auch, die Zahl der Dienstreisen mit der Bahn weiter zu steigern, so die Sprecherin. Außerdem gehe man davon aus, dass weiterhin ein Teil der dienstlichen Termine digital stattfinden werde.

Sparkassenverband will generell auf innerdeutsche Flüge verzichten

Der Sparkassenverband Bayern betont, dass er alle seine Beschäftigten bereits bisher dazu angehalten habe, Dienstreisen umwelt- und klimaverträglich zu planen. “Die vorrangige Bahnnutzung ist bereits jetzt in der Dienstreiseordnung verankert”, erläutert eine Sprecherin. Eine weitere Vertiefung dieser Grundsätze befinde sich in der finalen Abstimmung im Haus, so dass die ergänzten Dienstreiseregelungen baldmöglichst in Kraft treten könnten.

“Geplant ist neben der generellen Empfehlung, wo möglich die Bahn als Verkehrsmittel zu bevorzugen, auch der grundsätzliche Verzicht auf innerdeutsche Flüge”, so die Sprecherin. “Dazu gibt es die Zielrichtung, nicht nur den generell CO2-freundlicheren Bahnfernverkehr, sondern in 2022 auch den Nahverkehr in Diensten der Deutschen Bahn stärker zu nutzen.”

Der größte Teil der Veränderung sei durch die pandemiebedingte Reduktion der Dienstreisen um mehr als 50 Prozent aber schon geschehen. “Es zeigt sich, dass dadurch bei allen Beteiligten Effizienzgewinne entstehen, so dass diese Praxis auch nach der Corona-Pandemie beibehalten werden wird.”

Burger King kommt das Glasgow Commitment wie gerufen

Hinter McDonalds ist Burger King die größte Fast-Food-Hamburger-Kette weltweit. In Deutschland ist das Unternehmen im ganzen Land präsent. Ein Großteil der Dienstreisen bei der Burger King Deutschland GmbH werde mit der Bahn zurückgelegt, teilt das Unternehmen mit. Flugreisen sollen “die absolute Ausnahme” sein.

Wir sind der Ansicht”, so das Unternehmen, “dass Dienstreisen innerhalb Deutschlands, die in einem Zeitraum von bis zu sechs Stunden mit der Bahn zurückgelegt werden können, zumutbar sind; und unsere Mitarbeiter*innen unterstützen diese Entscheidung.” Deswegen beteilige man sich auch gerne am Glasgow Commitment der Deutschen Bahn.

Krankenkasse Barmer fördert das Fahrradfahren

Eine der größten Krankenkassen, die Barmer, richtet sich bei den Dienstreisen nach dem Bundesreisekostengesetz. Dort hat es eine interessante Änderung gegeben. Seit der letzten Reform müssen für die Planung einer Reise nicht mehr nur die Kriterien Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Fürsorge berücksichtigt werden, sondern auch Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit. Auch der Grundsatz der Reisevermeidung ist nun darin enthalten.

Die Barmer hat sich darüberhinaus nach Auskunft einer Sprecherin weitere Regeln für Dienstreisen gegeben. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Fahrrad nutzen, ist die Wegstreckenentschädigung demnach mit der für Autofahrten vergleichbar. Damit wird das Fahrrad finanziell attraktiver. “Nach unserem Wissen sind wir das erste Unternehmen in Deutschland, welches eine solche Regelung in einem Tarifvertrag hat”, so die Sprecherin.

Außerdem würden Fahrgemeinschaften im Pkw gefördert, damit weniger Autos unterwegs seien. Dienstreisen gebe es nur dann, wenn keine sinnvollen Alternativen verfügbar seien, und Flüge seien das äußerste Mittel. Außerdem werde bei Fortbildungen, wann immer es möglich ist, auf E-Learning gesetzt statt auf Präsenzseminare. Die Beschäftigten in der Reiseorganisation würden in nachhaltiger Reiseplanung geschult. “Ab dem Jahr 2023 werden wir weitestgehend nur noch Hotels mit einer CO2-Zertifizierung buchen.”

Versicherer HDI stuft Dienstwagen zurück

Beim Versicherungsunternehmen HDI war der Dienstwagen lange Zeit das Mittel der Wahl. Das ändert sich nun. Die frühere Regel, dass „Dienstwagen grundsätzlich als präferiertes Reisemittel auf dienstlichen Reisen zu wählen“ sind, ist laut einem Sprecher wie folgt angepasst worden: „Dienstwagennutzer haben die Möglichkeit öffentliche Verkehrsmittel (Deutsche Bahn) bei Dienstreisen zu nutzen, sofern es sich um die wirtschaftliche oder nachhaltigere Alternative handelt.“ Geplant sei zudem die Ausarbeitung eines Konzepts, um mehr Dienstreisen auf die Bahn zu verlagern.

Darüber hinaus sei eine Infrastruktur für virtuelle und hybride Formate geschaffen worden, unter anderem die Einrichtung eines TV-Studios, um die Zahl der Dienstreisen zu reduzieren. Die Anzahl virtueller Meetings habe man deutlich erhöht, auch bei großen Veranstaltungen und Konferenzen wie der Jahresauftaktveranstaltung oder dem Internationalen Management Meeting. Auch die Elektrifizierung der Dienstwagenflotte sei gestartet. Das Ziel sei, bis 2030 konzernweit klimaneutral zu arbeiten. “In Deutschland, wo mehr als 45 Prozent der Beschäftigten tätig sind, haben wir dieses Ziel bereits erreicht”, so der Sprecher.

Fazit zum Glasgow Commitment

Die Stellungnahmen zeigen eine faszinierende Vielfalt an Möglichkeiten, den Klimaabdruck eines Unternehmens zu reduzieren. Wer bei diesem Thema ambitioniert unterwegs ist, hat nicht auf das Glasgow Commitment der Deutschen Bahn gewartet, sondern schon zuvor entsprechende Schritte eingeleitet. Festzuhalten ist aber auch, dass fast die Hälfte der Angeschriebenen nicht geantwortet hat, um die Beteiligung am Glasgow Commitment zu erläutern. Und gemessen an den mehr als 30.000 Firmenkunden der Deutschen Bahn und insgesamt mehr als drei Millionen Unternehmen in Deutschland, sind gut 850 Unterstützer für das Glasgow Commitment natürlich eine kleine Zahl. Andererseits verdient jede Aktion Wertschätzung, die zum Klimaschutz beiträgt.

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