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China: Mögliche Bedrohung für Weltwirtschaft

Experten befürchten negative Auswirkungen des chinesischen Immobiliensektors auf die Nachfrage nach Importen. Auch Europa könnte betroffen sein.
China in der Krise: Schließung von Staatskonzernen erscheint unvermeidbar, meinen Experten. (Foto: Nuno Alberto)
China in der Krise: Schließung von Staatskonzernen erscheint unvermeidbar, meinen Experten. (Foto: Nuno Alberto)

Über die Gefahr einer neuen globalen Wirtschaftskrise diskutieren führende deutsche Ökonomen. Vor „einer weltweiten Finanzkrise, vor allem in Schwellenländern wie China” warnt etwa Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „China könnte als erster Dominostein fallen, dabei das globale Finanzsystem mitreißen und die Weltwirtschaft in die Knie zwingen”, befürchtet er. Seine Kollegen Clemens Fuest vom ifo-Institut München und Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln machen sich ähnliche Gedanken.

Lesen Sie auch: “Firmen müssen überlegen, wie sie auf ein EU-Embargo gegen China reagieren” (2.5.2022)

Die weltwirtschaftliche Situation erscheint in der Tat nicht einfach. Noch ist die Corona-Pandemie nicht ausgestanden, was besonders die Lieferungen von Konsumgütern, elektronischen Bauteilen und anderen Vorprodukten aus China beeinträchtigt. Hinzu kommen die starken Preissteigerungen unter anderem für Energie, die die Inflation antreiben. Deswegen müssen Zentralbanken wie die Fed in den USA die Zinsen erhöhen, was hoch verschuldete Staaten und Unternehmen in die Bredouille bringen dürfte. Außerdem können internationale Krisen, etwa um Taiwan, aktuell aber besonders um die Ukraine, den internationalen Handel stören.

Schließung von Staatskonzernen könnte unvermeidbar werden

Besondere Probleme sieht DIW-Chef Fratzscher aber in China: Vor allem der dortige Gebäudesektor sei „zu einem Pulverfass geworden. Im jahrzehntelangen Boom haben sich private Haushalte und Immobilienkonzerne massiv verschuldet, weil sie immer weiter steigende Immobilienpreise erwarten.” So fanden in jüngster Zeit die Schwierigkeiten des chinesischen Baukonzerns Evergrande, seine Schulden zu bedienen, internationale Aufmerksamkeit. Bald werde die „Insolvenz großer Immobilienkonzerne, einiger staatlicher Banken und die Schließung zahlreicher anderer Staatskonzerne unvermeidbar”, nimmt Fratzscher an. Die Folgen wären dann weltweit zu spüren – einerseits als weitere Störung der Lieferungen aus China, andererseits durch eine geringere Nachfrage der dortigen Firmen und Haushalte nach Produkten, die beispielsweise in Europa gefertigt werden.

„Dass Lieferketten beeinträchtigt werden, halte ich nicht für das zentrale Problem”, sagt dagegen ifo-Präsident Clemens Fuest. Allerdings sieht auch er das Problem „sinkender Nachfrage nach Importgütern”. Eine starke Abkühlung der Binnenkonjunktur in China oder gar eine Wirtschaftskrise „würde weltweit viele Länder treffen, auch Deutschland”, so Fuest. Ebenso wie Fratzscher macht er sich Sorgen angesichts der „Über- und Fehlinvestitionen im chinesischen Immobiliensektor”. Diese stellten „in der Tat ein großes Risiko für China und die Weltwirtschaft” dar.

Chinesische Wirtschaftskrise könnte Importe aus Europa beeinflussen

IW-Chef Michael Hüther weist darauf hin, dass sich die internationalen Finanzmärkte wegen der Evergrande-Krise bislang nicht sonderlich beunruhigt zeigen. Der Grund: Im chinesischen Immobiliensektor stecke nur wenig ausländisches Kapital. Etwaige Verluste würden daher auf das Land selbst beschränkt bleiben. Mit Fratzscher und Fuest ist Hüther sich jedoch darin einig, dass eine chinesische Wirtschaftskrise die Nachfrage nach Importen etwa aus Europa verringern könnte. Und diese sorgte dann auch für „Unruhe an den Finanzmärkten” rund um Globus.

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