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Immer mehr Pestizide auf den Feldern der Welt

Umweltorganisation sehen Gefährdung von Mensch und Natur durch Pestizide. Wenige Konzerne beherrschen den Markt, der Export in ärmere Länder bleibt legal.
Pestizide sind extrem gesundheitsschädlich. (Foto: Arjun MJ)
Pestizide sind extrem gesundheitsschädlich. (Foto: Arjun MJ)
Zum Schutz von Nutzpflanzen setzen Landwirte weltweit immer mehr Pestizide ein. Rund vier Millionen Tonnen davon landen nach Angaben der grünennahen Böll-Stiftung jährlich auf den Feldern. „Noch nie wurde so viele Pestizide ausgebracht”, sagte Barbara Unmüssig, Vorständin der Stiftung, bei der Vorstellung eines Pestizid-Atlas. Seit 1990 sei die Menge damit um 80 Prozent gestiegen. 
 
Der gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) verfasste Bericht prangert die Kehrseiten der Mittel an. „Sie belasten Gewässer und schaden der Gesundheit”, erläutert Unmüssig. Auch das Artensterben führen die Autoren auf den Einsatz der Chemie auf den Feldern zurück. Ein Drittel der Insektenarten sei vom Aussterben bedroht. 
 

385 Millionen erkrankte Menschen wegen Pestiziden – jedes Jahr

Es sind vor allem die Landwirtschaftsbetriebe in ärmeren Ländern, die verstärkt auf Pestizide setzen. In Südamerika, Afrika und Asien steigt der Einsatz stark an. Es sind Länder, in denen laut Bericht die Arbeitsbedingungen auf dem Land oft schlecht sind. Die Arbeiterinnen und Arbeiter haben demnach zum Beispiel oft keine Schutzausrüstung, wenn sie mit Pflanzenschutzmitteln hantieren. In der Folge kommen sie direkt mit den gesundheitsgefährdenden Stoffen in Kontakt.
 
„385 Millionen Menschen sind jährlich von Erkrankungen betroffen”, kritisiert Unmüssig. Kopfschmerzen, Erbrechen oder Hautausschläge zählen zu den leichteren Folgen, das Versagen von Herz, Niere oder Lunge zu den schweren Verläufen. Der Industrieverband Agrar, in dem die Hersteller der Pestizide organisiert sind, zweifelt die Ergebnisse des Berichts an. „Die Publikation enthält zahlreiche Unstimmigkeiten, Unsauberkeiten und methodische Mängel”, kritisiert die Industrie. Den Vorwurf weisen dien Autoren der Studie zu Erkrankungen zurück. „Da ist nichts aufgebläht”, versichert PAN-Experte Peter Clausing. 

Pestizid-Export nach wie vor erlaubt

Die häufigen Erkrankungen in den Ländern des Südens liegen laut Atlas nicht nur an der enormen Menge der eingesetzten chemischen Helfer. Es werden vielfach auch hochgefährliche Mittel gespritzt, die in Europa längst verboten sind. Hergestellt werden diese Substanzen aber immer noch hierzulande. Der Export müsse verboten werden, fordert Unmüssig. Mit Pestiziden wie Glyphosat vom Bayer-Konzern verdient die Branche viel Geld. Laut Bericht gaben Landwirte dafür 1919 rund 85 Milliarden US-Dollar aus. Davon profitieren aber nur wenige Unternehmen. Vier große Konzerne teilen sich 70 Prozent des Marktes, darunter auch die deutschen Firmen Bayer und BASF. 
 
Im Gegensatz zum globalen Trend nimmt der Einsatz von Pestiziden in Deutschland ab. Nachdem der Verbrauch lange zwischen 30.000 und 35.000 Tonnen betrug, lag er zuletzt bei weniger als 28.000 Tonnen. Für die Umweltschützer ist das kein Grund zur Entwarnung. Sie fordern eine Halbierung des Pestizidverbrauchs. Das sei auch möglich, wie das Beispiel Dänemark zeige. Dort wurde 2011 eine Abgabe auf Pestizide eingeführt. Seither ist der Verbrauch um 40 Prozent zurückgegangen. 
 
Die Autoren sehen vor allem eine Chance, den Bedarf an Pestiziden weltweit zu verringern. „Wir müssen den Fleischkonsum massiv reduzieren”, fordert Unmüssig. Denn die Pflanzenschutzmittel werden vor allem auf Feldern eingesetzt, auf den Futtermittel wie Soja und Mais angebaut werden. Gebe es davon weniger, würden auch weniger Pestizide benötigt.
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