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„Das Metaverse ist aktuell noch eine Sache der Zukunft”

Wie könnte die Zukunft des Metaverse aussehen? Ein Gespräch mit Stephan Streuber, Professor für Usability Engineering und Interaction Design.
Dr. Stephan Streuber, Professor für Usability Engineering und Interaction Design an der Hochschule Coburg. (Foto: Hochschule Coburg)
Dr. Stephan Streuber, Professor für Usability Engineering und Interaction Design an der Hochschule Coburg. (Foto: Hochschule Coburg)

Das Metaverse soll ein riesiges digitales Universum werden, das unser Leben grundlegend verändern könnte. Wie sieht die Zukunft des Metaverse aus? Es werden neue Interaktionsmöglichkeiten, aber auch Spannungsfelder entstehen, meint Dr. Stephan Streuber, Professor für Usability Engineering und Interaction Design an der Hochschule Coburg.

Herr Streuber, was ist das Besondere am Metaverse? Welten, in denen sich Spieler vernetzen können, gibt es ja schon länger… .

Das Metaverse an sich ist erst mal nichts Neues. In den letzten zwei bis drei Jahren hat der Begriff aber wieder neue Bedeutung gewonnen durch verschiedene Firmen, die das Metaverse jetzt beanspruchen. Am Populärsten ist da sicher Mark Zuckerberg mit Meta im letzten Jahr gewesen. Aber auch andere Firmen, zum Beispiel Epic Games und Microsoft versuchen, sich einzuklinken und ihr eigenes Metaverse zu bauen. Aus meiner Perspektive sind das alles aber eher noch Marketing-Versprechen. Das Metaverse ist aktuell noch eine Sache der Zukunft.

„Motion Capturing wird immer mehr eine Rolle spielen. Aktuell muss man dafür noch einen Anzug anziehen, aber das wird mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in Zukunft sehr viel einfacher.”

Man versteht unter Metaverse ja mehrere Technologien, die zusammen zum Einsatz kommen sollen. Auf der einen Seite sind das Multi-User-Online-Plattformen, Spiele mit einer Online-Community gibt es ja auch heute schon. Was dann aber noch dazu kommt, ist der Aspekt der Virtual Reality und der Augmented Reality. In letzter Zeit werden diese beiden Aspekte eher unter dem Namen Extended Reality zusammengefasst. Diese Technologien erlauben es dem Nutzer dann eben, viel immersiver dabei zu sein. Also nicht nur am Computer zu sitzen, sondern wirklich in der virtuellen Welt zu sein. Da geht es dann auch um die Verkörperung von einem Avatar, also dass man wirklich aus der Ich-Perspektive erleben kann. Man kann Sachen anfassen, man kann Leute treffen. Das Ziel ist also, den Körper mit seinen Sinnen in das Metaverse hinein zu bekommen.

Dann gibt es aber auch noch andere Technologien. Zum Beispiel so genannte NFTs, eine Art virtuelle Währung, wo man eine Art Zertifikat für virtuelle Objekte hat, die an den Nutzer gebunden sind. Es ist also so eine Art Zusammenspiel von bereits existierenden Technologien, die dann alle kombiniert das Metaverse ergeben sollen. Aber es ist eben noch relativ offen, wie das dann mal genau aussehen soll. Ich stelle mir das so ein bisschen vor wie das Internet in den 90er Jahren, als die Technik und die Infrastruktur bereits existierte, aber noch völlig offen war, was sich daraus ergeben sollte.

Über Stephan Streuber

Dr. Stephan Streuber ist seit September 2021 Professor für Usability Engineering und Interaction Design im Studiengang Visual Computing an der Hochschule Coburg. Zusammen mit seinen Studierenden beschäftigt er sich unter anderem damit, wie die Interaktion zwischen Mensch und Maschine funktioniert. Streuber studierte Medieninformatik in Wittenberg und promovierte anschließend über soziale Wahrnehmung am Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen.

Was glauben Sie, wie sich die Geräte, mit denen wir dieses immersive Erlebnis erfahren können, in den nächsten Jahren verändern werden? Wie sieht die Zukunft des Metaverse aus?

Aktuell stehen die VR-Brillen in Sachen Benutzertauglichkeit noch sehr am Anfang. Die Augen können beispielsweise noch sehr schnell ermüden. Man kann davon ausgehen, dass in etwa fünf Jahren die Technologie so weit sein wird, dass die Geräte sehr klein werden und auch mehr an die Physiologie des Auges angepasst sind. Dass zum Beispiel über Projektoren die Bilder direkt auf die Retina des Auges projiziert werden. Aber nicht nur die visuellen Aspekte sind entscheidend. Audio ist auch sehr bedeutend, dass man 3D hören kann. Berührung ist entscheidend, damit man Gegenstände auch haptisch erfahren kann.

Die Motion-Capture-Technologie wird auch immer mehr eine Rolle spielen, also dass aufgezeichnet wird, wie sich der User konkret bewegt. Aktuell muss man dafür noch einen Anzug anziehen, aber das wird mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in Zukunft sehr viel einfacher. Irgendwann wird es nur noch Kameras geben, die die Bewegungen des User aufzeichnen. Da sehe ich schon vielversprechende Entwicklungen, wobei es noch ein paar Jahre dauern wird, bis diese Entwicklungen reif sind für den kommerziellen Markt.

Aktuell sind die Geräte noch sehr teuer für den Endverbraucher, gleichzeitig wird eine hohe Zahl an Usern angestrebt – wie wird das möglich sein?

Man kann sich das vorstellen wie beim Smartphone: Am Anfang war die Entwicklung noch sehr rudimentär, hat sich dann aber relativ schnell entwickelt. Heute haben Smartphones eine sehr hohe Nutzerfreundlichkeit, werden von der überwiegenden Bevölkerung benutzt und sind auch relativ erschwinglich. Die Technologien hinter dem Metaverse werden auch irgendwann so weit sein, dass ihre Bedienung sehr einfach für den Nutzer wird. Ich stelle mir das so vor, dass man irgendwann ein Gerät wie eine normale Brille hat, die sehr leicht und bedienungsfreundlich ist.

„Zu Google und Facebook wird es kaum alternative Anbieter geben. Das ist schon problematisch.”

Welche Konfliktfelder sehen Sie in Bezug auf die Zukunft des Metaverse und die neuen Technologien?

Zum einen sehe ich, dass die unterschiedlichen Konzerne versuchen werden, das Metaverse für sich zu beanspruchen. Generell sehe ich ein hohes Konfliktpotenzial, einfach deshalb, weil man als Nutzer dann gezwungen ist, die Technologie einer gewissen Firma zu nutzen. Zu Google und Facebook wird es kaum alternative Anbieter geben. Das ist schon problematisch. Ein weiterer Aspekt ist die Datensicherheit. Mit den ganzen Sensoren, die an dem Equipment angebracht sind, ist es natürlich möglich, noch wesentlich mehr Informationen über den Nutzer zu erfahren, als es jetzt ohnehin schon möglich ist. Da spielt dann die Psychologie auch eine Rolle: wo schaut der Nutzer hin, welche Objekte erregen besonders seine Aufmerksamkeit. Davon abgesehen könnte man durch die vielen Kameras natürlich auch sehr genau erfahren, wie eine Person lebt. Es gibt zudem kritische Stimmen die sagen, dass die Realitätserfahrungen, die wir im Metaverse machen einen großen Einfluss auf unser Lernen und unsere Kognition haben können und somit beeinflussen, wie wir uns im realen Leben benehmen werden.

Die Frage ist dann natürlich auch, was passiert, wenn man die Technologie nicht benutzt – kann man dann nicht mehr arbeiten? Kann man dann nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben? Aber wir befinden uns ja noch ziemlich am Anfang, deshalb ist es schwierig vorherzusagen, wie sich das Metaverse entwickelt und welche Herausforderungen und Probleme das mit sich bringen wird.

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