Früher besser informiert.
Meine Abonnements
  • Sie sind nicht eingeloggt.

BDI-Klimaplan: Industrie lenkt beim Klimaschutz ein

Scheitere Deutschland beim Klimaschutz, werde der Wohlstand gefährdet, warnt der Bundesverband der deutschen Industrie – und legt einen umfassenden Plan vor.
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (Foto: BDI)
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (Foto: BDI)

Die Industrie stemmt sich nicht mehr gegen den Klimaschutz, sie warnt nicht mehr vor Jobverlusten und einer deindustrialisierten Republik – im Gegenteil. Der Bundesverband der deutschen Industrie, der BDI, ist einer der mächtigsten Interessenvertretungen der Republik. Er hat am Donnerstag seinen Klimaplan vorgelegt. Es geht darum, wie die Klimaschutzziele, die sich Deutschland gesteckt hat, erreicht werden können. Die Ziele selbst würden sie nicht mehr in Frage stellen, so BDI-Chef Siegfried Russwurm. Die Industrie will sich auch selbst retten.

Auch lesen: BDI holt Ex-Umweltministerin Tanja Gönner an die Spitze (2.6.2022)

VW-Chef Herbert Diess machte unlängst deutlich, worum es beim Umbau der Wirtschaft geht. Er twitterte: „Präsident Biden steigt auf E-Mobilität um, ist auch für die deutsche Politik 5 vor 12. Sonst fahren wir bald hinterher beim Kampf gegen den #Klimawandel.” US-Präsident Joe Biden hatte schon in seinem Wahlkampf betont, dass durch Investitionen in den Klimaschutz „Millionen gut bezahlter Jobs” entstehen könnten, sich neue Exportmärkte erschließen ließen. Die Unternehmen stehen unter Druck. Joe Biden verspricht die Emissionen zu senken, andere Staaten setzen sich ebenso Klimaziele. Und Europa plant den Green Deal.

“Wir wollen Vorbild bleiben”

Scheitere Deutschland, werde der Wohlstand des ganzen Landes gefährdet, warnt Russwurm: „Wir wollen Vorbild bleiben”, „zeigen, dass Klimaschutz made in Germany funktioniert”. „Für einen überraschend großen Teil des Zielpfades ist ein Lösungsweg ersichtlich, und die meisten Technologien dafür sind bekannt”, heißt es im Klimaplan des BDI, der von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) begleitet und mit zahlreichen Firmen rückgekoppelt wurde. Der Titel lautet: „Klimapfade 2.0 – Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft”.

So müssten beispielsweise die Stahl-, Chemie, Kalk- und Zementindustrien, die derzeit für über die Hälfte der deutschen Industrieemissionen verantwortlich seien, einen großen Teil ihres Anlagenparks komplett erneuern. Bis 2030 müsse fast jedes neue Auto einen alternativen Antrieb besitzen, auch neue Lkw sollen zu 70 Prozent mit Batterie oder Brennstoffzelle fahren. Und schon ab 2023 soll, wer seine Heizung erneuert, möglichst nicht wieder Öl- und Gaskessel einbauen, sondern auf Wärmepumpen oder Fernwärme umstellen. Außerdem sollen mehr Häuser energetisch saniert werden. Auch die Emissionen aus der Landwirtschaft sollen sinken, dafür zum Beispiel weniger Fleisch gegessen werden.

“Transformationsprojekt von historischer Reichweite”

Da künftig Autos, Heizungen, viele Prozesse mit Strom liefen, verdoppele sich der Nettostromverbrauch bis 2045 im Vergleich zu 2019 – auf 993 Terrawattstunden, TWh. Der Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen müsse bis 2030 verdoppelt, der von Stromleitungen beschleunigt werden. Darüber hinaus – so der Plan – sollten Gaskraftwerke aufgebaut werden, die die Erneuerbaren Energien in einer Übergangsphase ergänzen und später auf Wasserstoff umgestellt werden.

Um das alles zu schaffen, müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht, die Verwaltung digitaler werden. Denn für Papierausdrucken bleibe keine Zeit mehr. Es stehe, so die obersten Industrievertretenden, ein „Transformationsprojekt von historischer Tragweite” bevor. Ihnen geht es dabei um Investitions- und Planungssicherheit – und um Geld.

Bis 2030 müssten 860 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, also etwa 100 Milliarden jedes Jahr. Mehr als die Hälfte entfalle auf die Bereiche Industrie und Energie, dort seien vor allem Unternehmen gefragt, erklärte Jens Burchardt von BCG. In etwa die Hälfte der nötigen Investitionen seien schon angestoßen, für den Rest brauche es noch Anreize.

Verwandte Beiträge