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Neue Gasumlage: Wer zahlen muss

Die Gasumlage steht nach langem Ringen fest. Wer sie bezahlen muss und was es zu beachten gilt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Gasumlage betrifft Unternehmen, aber auch Privathaushalte. (jco/AI)
Die Gasumlage betrifft Unternehmen, aber auch Privathaushalte. (jco/AI)

Nun können sich die Privathaushalte und Unternehmen ausrechnen, wieviel mehr sie demnächst für Gas bezahlen müssen. Am Montagmittag wurde die neue Umlage bekanntgegeben. Die Übersicht zur Gasumlage: wer zahlen muss, welche Firmen profitieren und welche weiteren Vorschläge es gibt.

Wie hoch ist der Aufschlag?

Die Umlage beträgt zunächst rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Sparsame Haushalte mit 10.000 Kilowattstunden jährlichen Verbrauchs würden damit etwa 240 Euro innerhalb eines Jahres mehr zahlen, monatlich 20 Euro. Familien, die 20.000 Kilowattstunden brauchen, müssten mit etwa 480 Euro pro Jahr rechnen, 40 Euro pro Monat. Die Umlage wird allerdings alle drei Monate neu berechnet, kann zunehmen, aber auch sinken. Hinzu kommt eventuell die Mehrwertsteuer von 19 Prozent, wobei die Bundesregierung mit der EU-Kommission über eine Ausnahme verhandelt, um sie nicht erheben zu müssen.

Die Umlage kommt zu den sowieso steigenden Gaspreisen hinzu. Diese sind das größere Problem. Schon für sparsame Privathaushalte können sie momentan 150 Euro monatlich betragen. Ein Anstieg auf 300 pro Monat ist nicht unwahrscheinlich.

Wann wird die Gasumlage fällig?

Sie gilt ab kommenden Oktober. Vielleicht dauert es aber ein bisschen, bis die Versorger sie in Rechnung stellen. „Die Umlage wird mit etwas Zeitverzug wahrscheinlich erstmals im
November/ Dezember ausgewiesen“, sagte das Wirtschaftsministerium. Das spüren die Immobilieneigentümer zuerst. Bei vielen Mietern könnte die Umlage im Zuge der Betriebskostenabrechnung erst nächstes Jahr ankommen. Die Regelungen gelten grundsätzlich bis September 2024.

Gasumlage: Wer muss zahlen?

Die Gasumlagen müssen Privathaushalte zahlen und Unternehmen, die Erdgas beziehen, um zu heizen, zu kochen, Wasser zu erwärmen oder Güter zu produzieren.

Warum wird sie erhoben?

Im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Ukraine liefert Russland viel weniger Erdgas als vereinbart. Hiesige Importeure müssen sich deshalb zu weit höheren Kosten auf dem Weltmarkt eindecken, während sie den Brennstoff noch zu früher festgelegten niedrigen Preisen an die Gasversorger abgeben. Diese Schere bedroht manchen Importeur in der Existenz. „Wenn die Verluste zu groß sind, droht die Insolvenz dieser Unternehmen und damit der Zusammenbruch der Gasversorgung von privaten und gewerblichen Verbrauchern insgesamt“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Deshalb deckt die von der Ampel-Koalition beschlossene Umlage die Zusatzkosten der Importeure und verteilt sie auf die Kunden. Praktisch organisiert das die Firma Trading Hub Europe (THE), eine gemeinsame Tochter der Gasimporteure. Die Bundesnetzagentur, die dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist, rechnet nach.

Welche Firmen profitieren?

„Insgesamt haben zwölf Gasimporteure ihre Ersatzbeschaffungskosten bei THE angemeldet“, erklärte das Wirtschaftsministerium, „sie machen 34 Milliarden Euro Kosten geltend.“ Eine Liste der Empfänger veröffentlichte THE am Montag nicht.

Erwirtschaften Unternehmen Gewinne, obwohl sie die Umlage erhalten?

Das meiste Geld wird wohl an Uniper fließen, den größten deutschen Gasimporteur. Dieser macht wegen Russland augenblicklich hohe Verluste, weshalb ihn die Bundesregierung stützt. Grundsätzlich erscheint aber denkbar, dass Gasimporteure mit ihrem Russland-Geschäft rote Zahlen schreiben, in anderen Geschäftsfeldern jedoch Gewinne verbuchen. Das ist bei RWE (Strom) und Shell (Benzin) so. Diese beiden haben freiwillig auf die Umlage verzichtet. Über andere, möglicherweise ähnliche Beispiele ist noch nichts bekannt.

Gasumlage: Wer zahlen muss und wie die Regierung den Haushalten helfen will?

Umfangreiche Entlastungen sind bereits beschlossen. Demnächst erhalten alle steuerpflichtigen Erwerbstätigen beispielsweise einen staatlichen Energiepreiszuschuss von 300 Euro, der allerdings versteuert werden muss. Die Ökostrom-Umlage wurde abgeschafft, das Kindergeld einmalig um 100 Euro angehoben. Je nach individueller Konstellation können die staatlichen Entlastungen 600, 700 oder mehr Euro pro Privathaushalt erreichen. Trotzdem werden sie nicht die kompletten Mehrkosten für Energie und Lebenshaltung abdecken. Besonders Bürgerinnen und Bürger mit geringen Einkommen haben zu kämpfen.

Ein zusätzliches Entlastungspaket ist deshalb in der Diskussion – ob und wie schnell es kommt, ist unklar. Für den Jahresanfang 2023 hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein höheres Wohngeld für Niedrigverdiener und das neue Bürgergeld (bisher Hartz IV) angekündigt. FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner propagiert eine Steuersenkung.

Gibt es aktuelle Vorschläge?

„Die Umlage muss und wird von einem weiteren Entlastungspaket begleitet werden“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang plädierte dafür, ein neues Entlastungspaket parallel zur Einführung der Gas-Umlage im Oktober vorzulegen. Darin solle etwa eine zusätzliche Energiepreispauschale enthalten sein. Der Deutsche Landkreistag forderte ebenfalls weitere Unterstützung noch in diesem Jahr. „Solange die Koalition über Entlastungsmaßnahmen streitet, sollte die Umlage steuerfinanziert werden“, erklärte Ramona Pop, Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Sebastian Dullien vom gewerkschaftlichen Institut für Makroökonomie erneuerte seinen Vorschlag, den Preis für den Gas-Grundbedarf jedes Haushaltes nach oben zu begrenzen. In diesem Fall müsste der Staat die Kosten aus dem Bundeshaushalt tragen.

Welche wirtschaftlichen Folgen sind zu erwarten?

„Zusammen mit dem auslaufenden Tankrabatt und dem Wegfall des Neun-Euro-Tickets kann der Anstieg der Gaspreise zu zweistelligen Inflationsraten im Herbst führen“, sagte Jens Südekum, Ökonom an der Uni Düsseldorf. Die Kaufkraft der Privathaushalte sinkt dann. Dies könne dazu beitragen, dass die hiesige Wirtschaft im Winterhalbjahr in eine Rezession abgleite, erklärte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

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