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Die Rollen des Friedrich Merz

CDU-Politiker Friedrich Merz fremdelt noch spürbar mit seinen neuen Ämtern. Für die Verluste bei der Saarland-Wahl ist er mitverantwortlich.
Friedrich Merz, Politiker und CDU-Parteivorsitzender. (Foto: Tobias Koch)
Friedrich Merz, Politiker und CDU-Parteivorsitzender. (Foto: Tobias Koch)

Man muss nicht groß drum herum reden: Die Niederlage der Saar-CDU ist auch die von Friedrich Merz. Nicht weil die CDU-Anhänger meinen würden, ihr neuer Parteivorsitzender wäre nicht der Richtige für den Posten. Das Gegenteil ist der Fall: Merz genießt aktuell einen großen Vertrauensvorschuss an der Basis. Aber zu führen bedeutet nun mal, Verantwortung zu übernehmen. Und zwar auch für Niederlagen.

Die verlorene Saarland-Wahl ist ein erster Hinweis auf das, was im Laufe dieses Jahres noch auf die CDU zukommt. Schon im Mai wird in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewählt, im Oktober in Niedersachsen. Als Parteivorsitzender wird Merz nicht dann nicht nur die Gewinne für sich verbuchen können und Niederlagen den jeweiligen Landeschefs zuschieben. Nach vielen Jahren fern der Tagespolitik muss er sich erst hineinfinden in die Doppelrolle als Oppositionsführer im Bundestag und als Chef einer konservativen Partei. Die Kluft zwischen dem bundespolitischen Haudrauf und dem CDU-Vorsitzenden ist derzeit noch erkennbar zu groß für den 66-Jährigen.

Merz: Kaum Unterstützung für die Saarland-CDU

Der Montag nach der Saarland-Wahl hat deutlich gezeigt, dass es Merz noch an jenem Format fehlt, das Konservative gern für sich reklamieren. So fiel ihm erst Minuten nach dem Beginn der Pressekonferenz mit Tobias Hans ein, dass ein Vorsitzender sich auch bei einem gestrauchelten Parteifreund für die geleistete Arbeit zu bedanken hat. Entsprechend ungelenk fiel dieser Dank denn auch aus. Es ist kein Geheimnis, dass Friedrich Merz den Wahlkampf des Saarländers kaum unterstützt hat. Während die Spitzen von SPD und Grünen ihren Kandidatinnen öffentlich zur Seite gesprungen sind, hat Merz es vorgezogen, dort hinter verschlossenen Türen eine Klausur abzuhalten. Die Absicht, nicht mit einem potentiellen Verlierer wie Hans in Verbindung gebracht zu werden, war kaum zu übersehen.

Es stimmt ja: Friedrich Merz steht noch am Anfang seiner Amtszeit. Oder besser seiner beiden Amtszeiten. Als Parteivorsitzender wird er sich bei den kommenden Landtagswahlen wohl oder übel an deren Ergebnissen messen lassen müssen. Seine Rolle als Fraktionsvorsitzender liegt ihm da schon eher. Merz ist ein brillanter Redner, die Lust an der Auseinandersetzung ist ihm deutlich anzumerken. Doch auch hier lässt er noch keine klare Linie erkennen. Als der Ampel-Kanzler Olaf Scholz Ende Februar wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine eine neue deutsche Sicherheitspolitik ankündigte, wirkte Merz regelrecht elektrisiert. Er sicherte Scholz die Unterstützung von CDU und CSU zu.

Merz’ unklare Haltung schadet der ganzen CDU

Mittlerweile knüpft Friedrich Merz die Zustimmung der Union zu den 100 Milliarden Euro an Bedingungen. Eine davon: SPD, Grüne und FDP müssten ihre sämtlichen Abgeordneten dazu bringen, dem „Sondervermögen” zuzustimmen. Für die dann noch zur Zweidrittelmehrheit fehlenden Stimmen werde er als Unionsfraktionschef schon sorgen. Was wie kraftvolle Opposition klingen soll, offenbart ein fragwürdiges Verständnis des freien Mandats. Schon allein die Vorstellung, dass statt einer üblichen Probeabstimmung jeder und jede Unions-Abgeordnete zum Stimmverhalten befragt werden könnte, wirft ein ungutes Licht auf den Vorsitzenden eben dieser Fraktion.

Hinzu kommt, dass Friedrich Merz eigentlich zu klug ist, um nicht vorauszusehen, was es die Union an Zustimmung kosten würde, sollte an ihr die Verteidigungsfähigkeit des Landes scheitern. Oder auch etwas so Grundsätzliches wie die allgemeine Impfpflicht. Für die kommende Woche ist im Bundestag die Abstimmung über die verschiedenen Gesetzentwürfe geplant. Wenn es am Ende wie befürchtet gar kein Gesetz gibt – wenn also das Land ohne feste Verabredung in noch einen Corona-Winter sinkt -, ginge das auch auf das Konto der Union. Die hatte sich von der strikten Befürworterin einer allgemeinen impfpflicht zum „Team Vielleicht” gewandelt. Wie derlei Wankelmut bei der Wählerschaft ankommt, zeigt ein Blick auf die gerade vergeigte Saarland-Wahl. Der CDU-Mann Tobias Hans ist auch deshalb abgewählt worden, weil er seine Haltung ein paar mal zu oft geändert hat. Friedrich Merz sollte daraus Schlüsse ziehen.

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