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Bundeswehr-Kredite trotz Schuldenbremse

Das Geld für das Sondervermögen Bundeswehr muss sich die Regierung wohl leihen. Die Verschuldungsgrenze im Grundgesetz bereitet dabei Probleme.
Etwa 20 Milliarden sollen jährlich zusätzlich in die Bundeswehr investiert werden. (Foto: Bundeswehr/PAO EFP)
Etwa 20 Milliarden sollen jährlich zusätzlich in die Bundeswehr investiert werden. (Foto: Bundeswehr/PAO EFP)

Der Krieg der russischen Regierung gegen die Ukraine führt dazu, dass Deutschland bald erstaunlich große Summen für die Bundeswehr ausgeben wird. Das Volumen soll sich auf etwa 70 Milliarden Euro jährlich belaufen, ungefähr 20 Milliarden mehr als jetzt. Nun diskutiert das politische Berlin darüber, wie die zusätzlichen Ausgaben organisiert werden.

In seiner Rede am vergangenen Sonntag kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an, ein sogenanntes Sondervermögen für die Bundeswehr einzurichten, um die bessere Ausstattung des Militärs zu finanzieren. Die dafür vorgesehenen 100 Milliarden Euro werden wohl über eine zusätzliche Nettokreditaufnahme aufgebracht, die man im Haushalt 2022 verbuchen will. Die Staatsschulden steigen dann um diese Summe. Andere Wege, solche Summen zu beschaffen, sind kaum gangbar, unter anderem weil die FDP Steuererhöhungen ausschließt. Außerdem braucht die Bundesregierung in diesem Jahr eine ohnehin schon geplante Verschuldung von weiteren rund 100 Milliarden Euro, um den Bundeshaushalt auszugleichen.

Bundeswehr: 20 Milliarden pro Jahr zusätzlich

Aus dem Sondervermögen könnten die Bundeswehr beispielsweise jedes Jahr 20 Milliarden Euro zusätzlich erhalten. Zusammen mit den bereits im Verteidigungshaushalt veranschlagten Summen von etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr stiegen die Militärausgaben auf 70 Milliarden jährlich. Das wären etwa 17 Prozent des gesamten Bundeshaushaltes. Auf diese Art kann die Bundesregierung erstmals auch das Ziel der Nato einhalten, zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für Rüstung auszugeben.

Bei 20 Milliarden Euro jährlich reicht das Sondervermögen fünf Jahre, also bis 2026. Die nächste Regierung muss sich dann Gedanken machen, wie es weitergeht. Allerdings mag es auch passieren, dass es der Bundeswehr nicht gelingt 20 Milliarden Euro jährlich sinnvoll auszugeben. Denn große Beschaffungsvorhaben komplizierter Waffensysteme dauern Jahre oder Jahrzehnte. In diesem Fall könnten sich die Regierungen noch länger aus dem Fonds bedienen.

Das Problem: Die Schuldenbremse im Grundgesetz

Ein Sondervermögen einzurichten, bietet einen entscheidenden Vorteil: Für einen bestimmten Zweck kann die Regierung damit Rücklagen bilden, die nicht am Ende eines Haushaltsjahres oder einer Legislaturperiode verfallen. Der Fonds ist trotzdem keine eigene Rechtsperson, er bleibt Teil des Bundeshaushalts, der der Kontrolle des Parlaments untersteht. Solche Konstruktionen existieren auch jetzt schon, beispielsweise in Gestalt des Klima- und Transformationsfonds, aus dem die Regierung die Energiewende bezahlt.

Ein Problem bereitet bei der Aktion allerdings die Schuldenbremse im Grundgesetz. Sie setzt der Neuverschuldung des Bundes und der Länder enge Grenzen. Verletzt werden darf sie nur im Falle von „außergewöhnlichen Notsituationen” – zum Beispiel der Corona-Krise. Aber stellt der Krieg in der Ukraine eine solche Notsituation dar? Unklar. Trotzdem will die Ampel-Regierung jetzt 100 Milliarden Euro zusätzliche Schulden für das Militär aufnehmen, obwohl die Schuldenbremse dieses Jahr noch einmal wegen Corona – nicht wegen des Ukraine-Krieges – außer Kraft gesetzt wurde.

Das ist ein wesentlicher Grund, warum SPD, Grüne und FDP überlegen, das Sondervermögen selbst im Grundgesetz abzusichern. Wobei Lisa Paus, Fraktionsvize der Grünen, sagte: „Ob ein neues Sondervermögen eine Absicherung durch eine Grundgesetzänderung wirklich braucht, ist bisher nicht klar.” Auch wie und in welchem Grundgesetzartikel dies geschehen würde, ist noch nicht entschieden. Weil die Union vermutlich mitmacht, dürfte die nötige Zweidrittelmehrheit zur Änderung der Verfassung aber kein Problem sein.

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