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Studie zu Wohnorten: Sicherheit schlägt Freizeitwert

Eine Studie zu Wohnorten zeigt große Unterschiede zwischen Wünschen der Bürger und der Realität in den Städten. Nur wenige wollen für lukrative Jobs umziehen.
Umziehen für den Job? Nur 24 Prozent der befragten Bürger sind dazu bereit. (Symbolbild: Kadarius Seegars)
Umziehen für den Job? Nur 24 Prozent der befragten Bürger sind dazu bereit. (Symbolbild: Kadarius Seegars)

Wann ist eine Stadt besonders attraktiv zum Leben? Lockt Fachkräfte an? Sie muss besonders sicher sein, es muss genug günstigen Wohnraum geben, wie eine neue Studie zu Wohnorten zeigt. Überraschend: Freizeitangebote oder Arbeitsmöglichkeiten sind bei weitem nicht so wichtig. Die Städte, so scheint es, werden den Ansprüchen bisher kaum gerecht – jedenfalls in den Augen derer, die angelockt werden sollen. Zudem sind die Bundesbürger nicht so flexibel, wie gedacht. Sie ziehen ungern um, selbst wenn sie einen lukrativen Job angeboten bekommen.

Die repräsentative Umfrage, erstellt im Auftrag des Vereins Unternehmen für Bremen, hat anhand von 16 Kriterien in vier Kategorien ermittelt, wie der Bundesbürger sich eine lebenswerte Stadt vorstellt und dies dann mit dem Bild der Menschen von Bremen und ausgewählten, ähnlich großen Städten verglichen: Dortmund, Düsseldorf, Hannover, Leipzig und Stuttgart – nach Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt die größten Städte Deutschlands. Auch zu Hamburg gibt es Daten, etwas außer Konkurrenz. Die Ergebnisse bieten Erkenntnisse auch für andere Städte.

Studie zu Wohnorten: Städte müssen attraktiver werden

Die Marktforscher von Smart Insights befragten Menschen, die die jeweiligen Städte kannten, dort aber nicht lebten. Die Ergebnisse weichen zum Teil kräftig von den Wünschen der Deutschen ab – ein Hinweis darauf, dass die Städte einiges zu tun haben, um attraktiver für Fachkräfte zu werden.

Das ist nötig, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und die Zahl der Jugendlichen sinkt. Deutschland steuert auf einen Fachkräftemangel zu. Darüber wird seit Jahren geredet, inzwischen wird es ernst: Viele Handwerker und Unternehmen finden keine Auszubildenden mehr. Diejenigen, die einen guten Abschluss haben, können sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Macht die Stadt etwas her, ist es auch für Unternehmen leichter, Personal zu finden.

Sicherheit ist den Bürgern am wichtigsten

Was also macht eine Stadt attraktiv? Am wichtigsten für die Bundesbürger ist der Umfrage zufolge Sicherheit (84 Prozent) gefolgt von Wohnen (81 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen Leben und Freizeit (62 Prozent) – etwa Einkaufsmöglichkeiten und Sportangebote – sowie Arbeit und Bildung (59 Prozent). „Das hat uns überrascht”, sagt Tobias Recke, Chef von Smart Insights. „Wir hatten erwartet, dass ein gutes Arbeits- und Freizeitumfeld besonders wichtig ist.” Und: Das Ergebnis sei über alle Altersgruppen weitgehend gleich.

Die Städte kommen nach Ansicht der Befragten dem Sicherheitsbedürfnis aber nicht nach. Hohes Sicherheitsgefühl auf öffentlichen Plätzen billigen 46 Prozent Stuttgart zu – der höchste Wert, am niedrigsten ist er für Dortmund mit 20 Prozent. Die Kriminalitätsrate halten nur zwischen 19 (Düsseldorf) und 31 Prozent (Bremen) in den jeweiligen Städten für gering, die deutliche Mehrheit wertet sie also als hoch. Das deckt sich nicht immer mit amtlichen Zahlen: So lag Düsseldorf bei der Zahl der registrierten Straftaten auf Rang 20 in Deutschland, Bremen auf Rang 5.

Leipzigs Mieten werden häufig als bezahlbar wahrgenommen

Auch die Wohnsituation könnte besser sein. Mit der Ausnahme von Leipzig, wo zwei von fünf Befragten Mieten und Immobilienpreise für bezahlbar halten und ebenso viele das Angebot als gut bewerten, schneiden die anderen Städte schlecht ab. Wobei die Studie „bezahlbar” nicht genauer definiert. Die Ergebnisse decken sich in der Tendenz mit Mietpreisvergleichen in Deutschland.

Gute Einkaufsmöglichkeiten, viel Grün, ein gut ausgebauter Nahverkehr und ein attraktives optisches Erscheinungsbild: Aus Sicht der Bundesbürger erfüllen die untersuchten Städte diese Wünsche recht gut, vor allem bei den Einkaufsmöglichkeiten. Ausreißer nach unten ist Dortmund. Und auch hier unterscheiden sich Vorstellung und Wirklichkeit: Hannover schneidet etwa bei Grünflächen und Naherholung vergleichsweise schlecht ab, hat aber einen der größten Stadtwälder Europas. Weniger wichtig sind der Umfrage zufolge ein pulsierendes Nachtleben und ein großes Angebot an sportlichen Aktivitäten.

Studie zu Wohnorten: Städte müssen an ihrem Image arbeiten

Ein möglicher Schluss aus der Studie: Die Städte müssen an ihrem Bild in der Öffentlichkeit arbeiten. Das zeigt auch das Beispiel Hamburg – als große hanseatische Konkurrentin Bremens auch untersucht. Die Stadt schneidet in der Wahrnehmung der Bundesbürger mit Abstand bei fast allem besser ab als die anderen Städte.

Aber selbst, wenn das Bild der Stadt so gut ist, zieht sie nicht unbedingt Fachkräfte an. Denn nur 34 Prozent der Befragten waren überhaupt bereit, für ein lukratives Jobangebot den Wohnort zu wechseln. 46 Prozent bezeichneten einen Umzug als unwahrscheinlich oder sehr unwahrscheinlich. Die Gründe: Die Menschen sind zufrieden mit dem Ort, an dem sie leben (35 Prozent), wollen Freunde, Verwandte und Partner nicht missen (29 Prozent) oder haben Wohneigentum (21 Prozent). Dann lieber pendeln: 30 Prozent der Befragten gaben an, die Entfernung zum Arbeitgeber spiele für sie keine Rolle.

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