Der für die Infrastruktur der Bahn zuständige Vorstand Ronald Pofalla zieht sich zurück. Er begründet diesen Schritt mit persönlichen Gründen. Wer den nun vakanten Posten übernehmen soll, ist derzeit noch offen.
Pofalla hat noch einen länger laufenden Vertrag. Allerdings steht er nicht auf der Linie der neuen Bundesregierung. Die Ampelkoalition will aus den Infrastruktursparten, zu denen etwa das Schienennetz und die Bahnhöfe gehören, eine gemeinnützige Gesellschaft innerhalb des Bahnkonzerns machen. Diese Reform soll verhindern, dass Gewinne aus den eingenommenen Trassenentgelten ins Gesamtunternehmen abfließen, sondern für die Infrastruktur oder für Preissenkungen verwendet werden. Der Vorstand wollte lieber alles beim Alten lassen. Womöglich hat dieser Konflikt zur Entscheidung Pofallas beigetragen.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert eine schnelle Nachfolgeregelung aus der Bahn heraus. „Ich bin sicher, dass eine interne Nachbesetzung möglich ist und die beste Lösung wäre”, sagt EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel. Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, begrüßt den Rücktritt. „Dieser Schritt erleichtert die schnelle Neuausrichtung des Konzerns”, stellt er fest. Damit werde es mehr Schlagkraft für den Ausbau einer schlagkräftigen Infrastruktur geben.
Großbaustelle Infrastruktur
Die Infrastruktur ist eines der größten Sorgenkinder des Konzerns. Die Bahn braucht mehr Kapazität auf der Schiene. Das Netz soll digitalisiert und ausgebaut werden. Stuttgart 21 verschlingt weit mehr Geld als erwartet. Es gibt also für Pofallas Nachfolger jede Menge zu tun. Wer dafür in Frage kommt, ist derzeit noch offen.
Unterdessen hilft die Bahn den Flüchtlingen aus der Ukraine mit kostenlosen „Helpukraine”-Tickets. Die Fahrscheine gelten für den gesamten Nah- und Fernverkehr und sollen den Ankömmlingen helfen, Freunde oder Verwandte in Deutschland zu erreichen. In Nahverkehrszügen reicht der Reisepass oder Ausweis als Nachweis. Darüber hinaus stellt das Unternehmen Beschäftigte frei, die Angehörige in der Ukraine haben und sich um sie kümmern wollen. die bahneigene Stiftung stellt zudem Unterkünfte für vom Krieg Betroffene bereit.
Fehlende Fahrgäste im Nahverkehr
Vor schwierigen Aufgaben steht nicht nur die Deutsche Bahn. Auch die Nahverkehrsunternehmen stehen nicht gerade gut da. Grund ist die anhaltende Pandemie. Im vergangenen Jahr fehlten dadurch mehr Einnahmen als erwartet. Vier Milliarden Euro Miese fuhren die Betreiber nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ein. In diesem Jahr rechnet der Verband zwar mit einem allmähliche ansteigen der Fahrgastzahlen. Doch unter dem Strich erneut mit einem hohen Minus von 3,1 Milliarden Euro. Ein von Bund und Ländern finanzierter Rettungsschirm verhindert, dass die Unternehmen in die Insolvenz fahren.
Noch immer meiden viele Fahrgäste die Fahrt in Bussen und Bahnen. Die Auslastung liegt derzeit zwischen 22 Prozent und 40 Prozent unter den Werten der Zeit vor der Pandemie. „Bis Ende 2022 sollten wir, je nach Entwicklung der Pandemie, bundesweit wieder bei etwa 85 Prozent der Fahrgastzahlen liegen”, hofft VDV-Chef Ingo Wortmann. Doch auch dann fehlen noch erhoffte Einnahmen. Das Ziel, bis zum Ende des Jahrzehnts die Fahrgastzahlen zu verdoppeln, erscheint damit sehr ehrgeizig. Die Branche arbeitet nach eigenen Angaben an Angeboten, die schnell wieder möglichst viele Kunden in den Nahverkehr locken.