Es ist das Kernthema der Grünen: der Umweltschutz. Parteichef Cem Özdemir prangert an, dass die Bundesregierung in dieser Sache zu wenig erreicht habe. “Seit acht Jahren gehen in Deutschland die CO2-Emissionen nicht runter”, kritisiert er immer und immer wieder. Doch stimmt das? Der Journalistico-Faktencheck.
Wie haben sich die CO2-Emissionen seit 2009 entwickelt?
Die nackten Zahlen geben Özdemir recht: Im Jahr 2009 hat Deutschland 788,51 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Im Jahr 2015 waren es 792,05 Millionen Tonnen und im vergangenen Jahr waren es laut einer ersten Schätzung des Umweltbundesamts mit 796 Millionen Tonnen sogar noch etwas mehr.
Warum ist das nur die halbe Wahrheit?
Das von Özdemir gewählte Referenzjahr war geprägt durch eine ökonomische Ausnahmesituation: der Wirtschaftskrise. Wenn weniger produziert, ausgeliefert und konsumiert wird, entsteht auch weniger CO2. Das heißt, im Jahr 2009 war der CO2-Ausstoß besonders niedrig. Im Vergleich zu einem besonders niedrigen Stand den Ausstoß zu senken, ist natürlich besonders schwierig, vor allem dann, wenn die Wirtschaft wieder brummt – und das tut die deutsche Wirtschaft seither in einer beispiellos langen Aufschwungphase.
Wie sieht die Rechnung aus, wenn man ein anderes Referenzjahr wählt?
Nimmt man das Jahr 2008, also die Zeit vor dem wirtschaftlichen Einbruch, wären die CO2-Emissionen seither um 6,8 Prozent gesunken. Nimmt man die Entwicklung seit dem Jahr 2005, dem Beginn der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU), sind die Emissionen um 8,1 Prozent zurückgegangen.
Lässt sich das noch plastischer machen?
Ja, wir berechnen den CO2-Ausstoß bezogen auf die Wirtschaftsleistung und nehmen dafür wieder Özdemirs Zeitraum 2009 bis 2016. Demnach wurden im Ausgangsjahr für eine Million Euro Wirtschaftsleistung 320.740 Tonnen CO2 ausgestoßen. Im Jahr 2016 waren es nur noch 253.600 Tonnen. Das heißt, in Deutschland wird deutlich sauberer gewirtschaftet, allerdings werden diese Verbesserungen durch den starken Anstieg von Produktion und Dienstleistungen wieder aufgezehrt.
Wie haben sich die Emissionen insgesamt entwickelt?
Nicht nur das CO2 wirkt als Treibhausgas. Es gibt auch noch andere Stoffe, die einen erklecklichen Anteil an den Treibhausgas-Emissionen haben. Insgesamt zeigt sich hier der gleiche Trend wie beim CO2, wie nachfolgende Grafik zeigt:
Erreicht Deutschland damit seine Klimaziele?
Im Vergleich zu 1990, dem Referenzjahr, beträgt der Rückgang der Treibhausgas-Emissionen 27,6 Prozent. Der größte Teil dieses Rückgangs wurde allerdings schon in den 1990er Jahren erreicht. Der Langfristtrend zeigt zwar weiter nach unten, jedoch ist der Rückgang zu gering, als dass die Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung noch in realistischer Reichweite zu sein scheinen. Demnach müsste der Gesamtausstoß von Treibhausgasen von geschätzt 906 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2016 binnen vier Jahre auf 751 Millionen Tonnen in 2020 fallen. Nur dann würde ein Rückgang um 40 Prozent seit 1990 erreicht. Die Bundesregierung schließt zwar nicht aus, dass dieses Ziel noch geschafft werden könnte, jedoch hält sie laut ihrem jüngsten Klimaschutzbericht einen Rückgang von 37 Prozent für realistischer – und auch die werden nur erreicht, wenn das von der Bundesregierung beschlossene Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 greift.
Was ist also von Özdemirs Aussage zu halten?
Die Zahlen, die der Grünen-Politiker verwendet, sind irreführend. Seine damit verbundene Botschaft, dass die Bundesregierung nicht genug getan hat zur Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes, trifft aber zu. Im Moment ist das Land diesbezüglich nicht auf Kurs.
Lesen Sie auch: Wintershall forciert CO2 unter der Nordsee
Erhalten Sie unsere Highlights. Immer Samstags. Kostenlos.
Hier geht es zu mehr großartigen Geschichten von Journalistico.
Kommentar
Comments are closed.