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Inflation am Flughafen: Überall Personalmangel

In den Sommerferien drohen chaotische Zustände an den Airports. Darauf müssen sich die Urlauber einstellen.
Viele europäische Flughäfen leiden unter Personalmangel. (Symbolbild: Dimitri Karastel)
Viele europäische Flughäfen leiden unter Personalmangel. (Symbolbild: Dimitri Karastel)
Berge von Gepäck stapeln sich derzeit am Londoner Flughafen Heathrow. Auf ihre Koffer und Taschen können die Reisenden momentan lange warten. Es gibt am Großflughafen nicht genügend Personal, um der Gepäcklawine Herr zu werden. Ähnliche Nachrichten kommen von anderen Flughäfen in Europa. Es fehlen nicht nur Arbeiter am Gepäckband. Auch beim Sicherheitspersonal herrscht unmittelbar vor den Sommerferien ein gravierender Mangel. Die deutschen Urlauber müssen sich nach übereinstimmender Meinung der Reiseexperten auf chaotische Zustände an den Airports einstellen. Lange Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen oder bei der Gepäckausgabe dürften eher die Regel denn eine Ausnahme sein.
 
Kurzfristige gestrichene Flüge
Der Personalmangel erstreckt sich auch auf die Fluggesellschaften. Als Folge streichen sie viele Flüge, allein die Lufthansa hat 1.000 abgesagt. Auch Easyjet oder Eurowings dünnen das Angebot massiv aus. Die Ursachen des fehlenden Personals in der Luft und am Boden sind die gleichen. In der Hochzeit der Pandemie kam der Luftverkehr praktisch zum Erliegen. Die Unternehmen bauten daraufhin viele Stellen ab. Die Beschäftigten suchten sich andere Jobs, etwa bei den Logistikunternehmen. Nun kommen viele nicht mehr zurück. Einfach lässt sich das Problem nicht beheben. Das fliegende Personal muss erst wieder Schulungen durchlaufen. Das dauert Zeit. Für das Bodenpersonal schlägt die Branche den Einsatz von 2.000 in der Türkei angeworbenen Kräften vor. Doch auch diese Idee kann nicht kurzfristig umgesetzt werden. Denn die Beschäftigten müssten erst einmal einen Sicherheitscheck durchlaufen. Derzeit berät eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung, wie das befürchtete Chaos an den Flughäfen vermindert werden kann. Sie verweist aber auch darauf, dass die Sicherheitskontrollen Aufgabe privater Dienstleister sind, die im Auftrag der Bundespolizei oder der Länder arbeiten.
 
 
Alternative Flüge suchen
Bei stornierten Flügen greifen die europäischen Fluggastrechte. Die Airlines müssen eine alternative Beförderungsmöglichkeit anbieten. Die Kunden können sich den Ticketpreis alternativ auch erstatten lassen und sich selbst auf die Suche nach anderen Flügen machen. Das kann finanziell von Vorteil sein, wenn sich ein günstigeres Angebot findet. Zudem sehen die Fluggastrechte je nach Einzelfall eine Entschädigung vor. Das hängt unter anderem vom Zeitpunkt der Absage ab. Wird der Flug mehr als zwei Wochen vor der Abreise gestrichen, gibt es keinen Anspruch. Ebenso bei einer späteren Absage, bei der ein anderer Flug angeboten wird, der nur wenige Stunden versetzt startet oder landet. Sofern keine höhere Gewalt im Spiel ist, etwa ein Unwetter den Start unmöglich macht, können Reisende bei einem Ausfall eine Entschädigung verlangen. Sie richtet sich nach der Flugdistanz und beträgt maximal 600 Euro. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat die App „Flugärger” entwickelt, mit der sich am Smartphone leicht ein möglicher Anspruch errechnen lässt. Über die Fluggastrechte insgesamt informiert das Europäische Verbraucherzentrum.
 
 
Lange Wartezeiten beim Einchecken
Gegen die mittlerweile chronische Überlastung des Sicherheitspersonals an den Airports hilft nur eines: Reisende sollte frühzeitig am Flughafen erscheinen. Vielfach wird von den Fluggesellschaften auch ein Check-in am Vorabend des Fluges angeboten. Wenn es möglich ist, raten Experten dazu, dieses Angebot wahrzunehmen. „Geduld” und „einen großen Zeitpuffer” sollten die Passagiere mitbringen, rät der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. „Grundsätzlich ist den Reisenden zu empfehlen, den Weg zum Flughafen möglichst frühzeitig anzutreten”, sagt auch der Chef des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. 
 
 
Sorgenfreie Pauschalreise
Pauschalreisende sind vor plötzlich gestrichenen Flügen wenig betroffen. Hier ist es die Aufgabe der Veranstalter, sich um die Beförderung zum Reiseziel zu kümmern. Ist ein Ersatzflug teurer als der ursprünglich vom Veranstalter gebuchte, darf das Unternehmen die Mehrkosten auch nicht an die Kunden weitergeben. Die Flieger zu den beliebtesten Ferienzielen werden nach Einschätzung der Branche ohnehin in der Regel auch wie geplant abheben. Denn die Flugzeuge sind in der Ferienzeit gut ausgelastet und damit wirtschaftlich für die Fluggesellschaften wichtige Ertragsquellen. Aber auch hier gilt die Regel, möglichst ein paar Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein. Denn auf die Situation am Boden wie die Sicherheitskontrollen haben die Veranstalter keinen Einfluss. 
 
 
Hotel gebucht, aber Flug fällt aus
Individualreisende kann ein Flugausfall ohne passende alternative Transportmöglichkeit teuer zu stehen kommen. Ist das Hotelzimmer oder ist eine Ferienwohnung schon gebucht, bleiben die Reisenden je nach Vertrag im schlimmsten Fall auf den Kosten dafür sitzen. Nur wenn eine mögliche Stornierung vertraglich vereinbart ist, kann die Buchung kostenlos oder gegen eine Teilzahlung des Preises wieder aufgehoben werden. 
 
 
Fliegen wird trotz Problemen wieder attraktiver
 
Nach zwei Flautejahren für die Luftfahrt ziehen die Buchungszielen in diesem Jahr wieder deutlich an. Nach Angaben des Flughafenverbands ADV erreichten die Buchungszahlen im Mai wieder 70 Prozent des Niveaus von 2019, dem Jahr vor der Corona-Krise. Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist das fast eine Vervierfachung des Passagieraufkommens. Die Inflation macht sich aber auch in der Reisebranche stark bemerkbar, weshalb Urlauberinnen und Urlauber überall draufzahlen müssen.
 
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