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Ukraine-Krieg: Neue Sanktionen Ja, neue Rettungsfonds Nee

Die Niederlande zeigen sich offen für weitere Sanktionen gegen Russland. Bei EU-Fonds zur Stabilisierung ist die Finanzministerin hingegen zurückhaltend.
Sigrid Kaag, die amtierende niederländische Finanzministerin. (Foto: Martijn Beekman)
Sigrid Kaag, die amtierende niederländische Finanzministerin. (Foto: Martijn Beekman)

„Ich stufe mich ungern selbst ein”, sagt die niederländische Finanzministerin Sigrid Kaag. Gerade hat sie in Berlin Bundesfinanzminister Christian Lindner getroffen. Der neue Vorkämpfer für Etat-Disziplin hat sich auf EU-Ebene als „freundlichen Falken” vorgestellt. Kaag sagt dazu nur: „Ich weiß nicht, ob ich Falke oder Taube bin. In jedem Fall bin ich menschlich.”

Kaag, 60, ist seit Januar neue Finanzministerin der Niederlande. Die Politikerin der linksliberalen Partei D66 gilt als Verfechterin einer grünen Investitionspolitik und damit auf EU-Ebene als Gegenspielerin Lindners. Allein 35 Milliarden Euro will die neue holländische Regierung in Klimaschutz investieren. „Klima, Digitalisierung, Verbesserungen des Arbeitsmarktes”, zählt Kaag die Investitionen des neuen Kabinetts von Premier Mark Rutte auf. Und ist das nun falkenstreng ordoliberal oder täubchenhaft keynesianisch links? „Auf jeden Fall ist es angemessen”, sagt Kaag. Die Frau lässt sich ungern in ein Schema pressen.

Niederländische Politikerin mit außenpolitischer Umsicht

Kaag hat die linksliberale D66 in den Niederlanden zur zweitstärksten Kraft gemacht. Und auch ansonsten an Statur gewonnen. Als einzige westliche Außenministerin hat sie nach dem Fall Kabuls  die Konsequenz gezogen und ihr Amt aufgegeben. Nun ist sie zurück als Finanzministerin. Die außenpolitische Umsicht aber hat sie bewahrt. „Russlands Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf die sichere Versorgung mit Lebensmitteln”, sagt Kaag. Ägypten etwa bezieht ein Drittel seines Getreides vom Schwarzen Meer. Kaag weiß das: Sie war vor ihrer politischen Karriere Chefin des Welternährungsprogramms in Nahost. Die Frau schaut auf mehr als nur Auswirkungen des Kriegs in Europa.

„Hier geht’s es nicht um Business as usual”, sagt Kaag über die Lage nach der russischen Invasion. Die linksliberale Ministerin rät die Lage politisch und ökonomisch zu analysieren, aber auch die wirtschaftlichen Auswirkungen von Sanktionen, steigenden Spritpreisen und Heizkosten im Auge zu behalten.

„Genügend gemeinsame Instrumente”

„In schwierigen Zeiten trifft man die besten Entscheidungen”, sagt Kaag vor dem informellen EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Paris. Die Staats- und Regierungschefs der EU werden dort nicht allein über Lockerungen der Maastricht-Schuldenregeln beraten, sondern auch über weitere Sanktionen gegen Russland. Deutschland sieht vor allem einen Stopp von Ölimporten kritisch. Kaag lehnt neue Restriktionen nicht grundsätzlich ab. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch”, sagt sie im Gespräch mit mehreren deutschen Medien, darunter Journalistico. Skeptischer ist sie mit Blick auf Überlegungen nach neuen gemeinsamen EU-Mitteln. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dringt auf einen EU-Resilienzfonds um die Folgen der Russland-Krise zu meistern: „Es gibt genügend gemeinsame Instrumente. Das sollten wir nicht überstürzen”, bremst die niederländische Ministerin.

Die Niederlande haben auf europäischer Ebene schon beim Corona-Aufbaufonds NextGenerationEU gebremst. Gemeinsam mit Dänemark, Schweden und Österreich bildete das Land die Gruppe der „Sparsamen vier”. Das war während der letzten Regierung von Kabinett Rutte. Nun spricht Kaag lieber von wechselnden Koalitionen. Sie denke „plurilateral”, sagt Kaag. Klassische Kategorien scheinen ihr einfach fremd zu sein.

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