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Warum sinkt der Eurokurs?

Der Euro wertet gegenüber dem US-Dollar deutlich ab. Warum sinkt der Eurokurs? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Euro und Dollar sind seit langem wieder gleich viel wert. (Symbolbild: Didier Weemael)
Euro und Dollar sind seit langem wieder gleich viel wert. (Symbolbild: Didier Weemael)

Euro und Dollar sind aktuell gleich viel wert. Warum sinkt der Eurokurs und was bedeutet das konkret? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Spüren die Verbraucher etwas vom Wertverlust des Euro?

Die Abwertung wirkt sich nur in wenigen Fällen direkt auf die Verbraucher aus. So bekommen zum Beispiel Urlauber, die in die USA reisen, beim Umtausch weniger Dollar als noch vor einem Jahr. Für einen Euro gibt es aktuell etwa einen Dollar in der Wechselstube. Die Ferien in Amerika werden also teurer. Die indirekten Folgen spüren die Konsumenten auch hierzulande. Denn für Importe von Waren, die in US-Dollar abgerechnet werden, müssen deutsche Unternehmen mehr Euro bezahlen. Das ist zum Beispiel beim Erdöl der Fall. Diese höheren Kosten geben die Importeure an ihre Kunden weiter. So steigen tendenziell der Spritpreis an der Zapfsäule oder die Preise für Produkte, die auf der Basis von Öl hergestellt werden.


Warum sinkt der Eurokurs?

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. So bekämpft die amerikanische Notenbank Fed die starke Inflation in den USA durch kräftige Zinserhöhungen. Investoren erhalten dadurch für Anlagen in Amerika höhere Zinsen als in Europa. Deshalb ziehen Anleger ihr Geld hier ab und legen es in Übersee wieder an. Das steigert die Nachfrage nach US-Dollar und als Folge davon legt der Kurs der Währung zu. Ein weiterer Grund ist die unsichere politische und wirtschaftliche Entwicklung in Europa. Angesichts des Ukraine-Krieges und der explodierenden Energiekosten droht ein Rezession. Da bringen Investoren ihr Kapital verstärkt im vermeintlich sicheren Hafen USA unter. „Da fällt es auch nicht ins Gewicht, dass die US-Wirtschaft selbst mit einem Bein schon in der Rezession steckt”, stellen die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) fest.


Gab es so eine Entwicklung schon einmal?

Schwankungen bei den Wechselkursen sind normal. Sie hängen von vielen Faktoren ab, wie der Inflation, der Konjunkturentwicklung oder auch von politischen Krisen. Der Euro hat sich dabei nach einer anfänglichen Schwächeperiode nach seiner Einführung 1999 als sehr stabil erwiesen. Zunächst gib es mit dem Wert damals kräftig bergab. Den Tiefstand erreicht der Wechselkurs zum Dollar im Oktober 2000, als man für einen Euro nur 83 US-Cent bekam. Aber es ging auch zeitweise in die andere Richtung. 2008 erreichte der Wert seinen bisherigen Höhepunkt, als für einen Euro 1,60 Dollar bezahlt wurden, also fast doppelt so viel. Selbst wenn die Abwertung anhält, ist der Euro momentan noch weit von seinen historischen Tiefstständen entfernt.


Hat die Abwertung auch Vorteile?

In einer exportorientierten Wirtschaft wird eine Abwertung der eigenen Währung unter normalen Umständen gerne gesehen. Denn die Ausfuhren der Unternehmen gewinnen an Wettbewerbsfähigkeit. Die Produkte und Dienstleistungen verbilligen sich für ausländische Käufer. Die Nachfrage danach steigt dann an. So lässt sich durch eine bewusste herbeigeführte Abwertung der Währung die heimische Konjunktur ankurbeln. Die Zeiten sind jedoch aktuell nicht normal. Gestörte Lieferketten, der Krieg in der Ukraine sowie die dadurch explodierenden Energiekosten belasten die Wirtschaft. Das zeigt sich unter anderem am Aussenhandelsdefizit, das Deutschland im Mai erstmals seit langer Zeit wieder verzeichnet hat.


Droht jetzt eine neue Euro-Krise?

Die aktuelle Abwertung des Euro hat mit der Euro-Krise nach 2008 nichts gemein. Damals drohte die hohe Verschuldung von Euro-Ländern, insbesondere der Griechen, die Währungsgemeinschaft zu gefährden. Eine ähnliche Gefahr befürchten Pessimisten zwar auch in diesen Tagen. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird die Zinsen zur Bekämpfung der Inflation anheben. Dann müsste hoch verschuldete Länder wie Italien mehr Zinsen für ihre Kredite bezahlen. Doch das hat mit der aktuellen Wechselkursentwicklung nichts zu tun.


Wie geht es weiter?

Da sind sich die Experten uneins. Ein weiterer Wertverfall deutlich unter die Parität wird ebenso wenig ausgeschlossen wie eine Erholung des Eurokurses. Eine aktuelle Analyse der LBBW zeigt das Ausmaß der Unsicherheit bestens auf. „Nach unserer Prognose wird die EZB in den kommenden Monaten mehrere Leitzinserhöhungen größeren Ausmaßes vollziehen”, schreiben die Analysten, „dies sollte eine Erholung des Euro gegenüber dem US-Dollar bewirken. Sollte es jedoch tatsächlich zu einem Ausfall der russischen Gaslieferungen kommen, werde dies auch unser Prognosebild komplett verändern.”

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