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Warum die Sonnenblumen blühen

Die Landwirtschaft entdeckt die Sonnenblumen für sich. Zurecht: Ihr Öl ist beliebt, für Bauern ergeben sich neue Chancen, wenn sie ihren Anbau ändern.
Sonnenblumen werden in der Landwirtschaft immer gefragter. (Foto: Timothy Eberly)
Sonnenblumen werden in der Landwirtschaft immer gefragter. (Foto: Timothy Eberly)

Jetzt ist die Zeit der Sonnenblumen, sie leuchten gelb, den Kopf der Sonne entgegen gereckt. Wer durch das Land fährt, sieht große Felder mit ihr – lateinisch Helianthus annuus genannt, nicht nur ein paar Exemplare mit anderen Wildblumen am Rande des Ackers. Damit ändert sich etwas in der Landwirtschaft.

Horst-Henning Steinmann, der an der Georg-August-Universität Göttingen am Zentrum für Biodiversität und nachhaltige Landnutzung forscht, beobachtet einen neuen Trend. Er erklärt: „Die Landwirte erweitern ihre Fruchtfolge, sie experimentieren mit Sonnenblumen genauso wie mit Soja und Lupinen.”

Abwechslung auf den Feldern

Anders gesagt: Bauern suchen – zumal in Zeiten, in denen die EU-Kommission plant, die Landwirtschaft grüner zu gestalten – nach Abwechslung auf ihren Feldern. Denn sie tut dem Boden gut, er ermüdet weniger als wenn immer nur Mais oder Weizen die notwendigen Nährstoffe und Mineralien aus ihm ziehen. Äcker bleiben fruchtbarer, Pflanzen zudem gesünder. Es wird für Schädlinge schwieriger, sich festzusetzen und durchzufressen.

Ganz aufrecht steht eine Sonnenblume da. Der Zuwachs ist beträchtlich: Nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes wird sie in diesem Jahr auf 38.200 Hektar angebaut. Im Jahr zuvor waren es noch 28.200 Hektar. Im Vergleich etwa zum Winterweizen, der in Deutschland am häufigsten angebauten Kulturpflanzenart – 2,84 Millionen Hektar in diesem Jahr – ist das wenig. Aber: Die Sonnenblume ist etwas besonders.

Große Bedeutung für das Ökosystem

Sie ist nicht nur, wie es beim Bundesamt für Naturschutz heißt, das „reinste Schlaraffenland” für Insekten und Vögel. Bienen und Hummeln sammeln Pollen und Nektar, den Sonnenblumen reichlich produzieren. Sind die Blüten verblüht, reifen die Kerne. Vor allem Meise und Stieglitz fressen sich mit ihnen ihr dickes Winterpolster an.

Die Bauern versprechen sich von der Pflanze, die einst die spanischen Entdecker aus Südamerika mit nach Europa brachten, einiges mehr. Nicht als Energiepflanze, denn in die Biogasanlage wird die Sonnenblume nur selten gesteckt. „Die Energieleistung ist nicht so berauschend”, sagt Wissenschaftler Steinmann. Auch bekämen die Landwirte keine extra Förderung, also nicht mehr Geld aus den EU-Töpfen als für einen Maisacker. Worum geht es dann?

Es geht um das Öl

Wer den Deutschen Bauernverband dazu befragen will, wird verwiesen an die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen, die UFOP, die von Bauernverbänden und Pflanzenzüchtern schon 1990 gegründet wurde. Für diese erklärt Dieter Bockey: „Aktuell wird der Sonnenblumenanbau interessanter, weil unter den Pflanzenölen insbesondere das Sonnenblumenöl eine nachfragebedingte positive Entwicklung erfährt.”

Die Kerne der Sonnenblumen, im April gesät, jetzt im September geerntet, bestehen knapp zur Hälfte aus dem Öl. Das wird – neben der Herstellung von Margarine – vor allem als Speiseöl abgefüllt. Längst seien „hoch-ölsäure-haltige Sorten” gezüchtet worden, meint Bockey. Die liefern ein Öl, das besonders reich ist an einfach ungesättigter Ölsäure. Deshalb lässt es sich vielfältiger in der Küche einsetzen als das normale Sonnenblumenöl. Das enthält viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die zwar gesund sind, aber nicht stark erhitzt werden dürfen, sich also nicht für die Pfanne eignen.

Die hoch-ölsäure-haltigen Sorten werden, so Bockey weiter, zum Beispiel „in der Nahrungsmittelindustrie (Frittier-Podukte) eingesetzt – die Blüte auf der Chipstüte vermittelt auch ein gutes Image”. Die Mengen an Sonnenblumenkörnern, die für Brötchen oder Müsli genutzt werden sind eher gering – nur ein „Nebeneffekt”, so Experte Steinmann. Eher werde Sonnenblumenöl noch als Grundstoff für Lacke und Farben gebraucht.

Nicht alle Bundesländer sind als Standort geeignet

Für die Bauern hat die Sonnenblume einen Vorteil: „Sie ist generell sehr pflanzenschutzextensiv”, sagt Steinmann, muss also kaum gespritzt werden. Außerdem seien keine großen Anschaffungen nötig – „allenfalls ein paar Zusatzbauten an einem herkömmlichen Mähdrescher”. Allerdings eignet sich auch nicht jede Region in Deutschland.

Sonnenblumen lieben die Wärme und trockene Standorte, zu den großen Anbaugebieten gehören Bulgarien, Frankreich und Rumänien. In feuchten Sommern faulen die Blütenkörbe leicht. So eigne sich, meint Steinmann, für den Nordwesten Niedersachsens zum Beispiel eher die Sojabohne – vorausgesetzt sie kommt mit den Spätfrösten klar. Derzeit gedeiht die Sonnenblume vor allem in Brandenburg, aber auch in Sachsen-Anhalt oder in Bayern.

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