Undurchsichtig und mächtig – so würden viele Deutsche die Schufa bezeichnen. Das Unternehmen aus Wiesbaden bewertet, wie zahlungskräftig eine Kundin oder ein Kunde ist. Wie, ist für viele unverständlich und Jahrzehnte lang tat die Schufa wenig, das Wissen über sie und ihren berühmten Score – die Bewertung – zu ändern. Bis jetzt. Am Freitag gab sie einen Einblick in das, was die Verbraucher künftig erwartet – von verständlichen Briefen über einen Schufa Videochatbot bis zum Score-Ermittlungsprogramm.
Rund 500.000 Anfragen erreichen die Schufa jeden Tag, wie Vorstandschefin Tanja Birkholz sagte, an Spitzentagen wie dem Rabatttag Black Friday sogar bis zu einer Million. Wer einen Fernseher auf Ratenkredit kauft, willigt in der Regel ein, dass die jeweilige Bank bei einer Auskunftei nachfragt, wie kreditwürdig der Kunde oder die Kundin ist. Die Schufa, 1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet, ist die größte und wichtigste Auskunftei dieser Art in Deutschland.
Schufa: Antworten per Videochatbot
Mehr als 10.000 Firmenkunden vertrauen auf die Informationen des Unternehmens für ihre Geschäfte. Über die Jahre hat die Schufa sensible Daten von 68 Millionen Deutschen und sechs Millionen Firmen gesammelt, insgesamt mehr als eine Milliarde. Auf Basis dieser Daten kann sie bei jeder Abfrage einen sogenannten Score berechnen, der anzeigt, ob eine Person zahlungsfähig ist und sehr wahrscheinlich bleibt. Dabei fließen persönliche Daten ebenso ein wie aggregierte. Rund 100 Merkmale berücksichtigt die Schufa nach eigenen Angaben, nicht dazu gehören Wohnortdaten.
Für viele Verbraucher ist unverständlich, wie die Schufa sie bewertet. Das soll sich ändern, wie Chefin Birkholz sagte. Voraussichtlich noch im Frühjahr sollen Fragen und Antworten auf der Seite überarbeitet werden. Wer etwa „Warum ändert sich mein Score?” eintippt, bekommt dann die Erklärung per Videochatbot, ausgewählt von einer intelligenten Software. Der Clou: Beantwortet werden die Fragen von echten Schufa-Beschäftigten. Rund 60 Videoantworten zu den wichtigsten Fragen sind bereits aufgezeichnet.
Verbraucher sollen Schufa-Score nachvollziehen können
Die Schufa durchforstet auch die rund 1000 Textbausteine für die Briefe, die das Unternehmen an Verbraucher schickt. Als schwurbelig und unverständlich juristisch empfundene Schreiben soll es dann wohl von Sommer an nicht mehr geben. Wertschätzend, klar, präzise lauten die Stichworte. Die Beispiele klingen vielversprechend. Die Schufa will auf der Internetseite auch die wesentlichen Einflussfaktoren zeigen, die in den Score eingehen – jeweils mit kurzen Erklärungen und Verbrauchertipps.
Geradezu spektakulär für ein bisher eher verschlossenes Unternehmen mutet an, was wohl in Schritten von Herbst an freigeschaltet wird: Verbraucher können dann neben dem Schufa Videochatbot mit einem Programm auf der Internetseite auch nachvollziehen, wie ihr Score zustande kommt, wie er aussieht und wie er sich entwickelt. Eine Zwischenversion zeigte das Unternehmen jetzt. Abgefragt werden zum Beispiel wie lange man ein Girokonto hat, die Anzahl der Kreditkarten und der Kredite, ob es eine Immobilienfinanzierung gibt. Das Programm simuliert dann den Score. Möglich sein soll auch, eine Prognose zu bekommen.
Es gibt nicht “den einen” Schufa-Score
Das Programm ist allerdings noch nicht fertig. Unter anderem ist ungeklärt, wie viele Merkmale abgefragt werden. Und dann ist da ein grundsätzliches Problem: Es gibt nicht den einen Score. „Jedes Unternehmen hat eigene Kriterien dafür, mit welchen Kunden sie Geschäfte machen”, sagt die Schufa-Chefin. Deswegen schickt die Schufa andere Scores an eine Sparkasse und eine Direktbank. Der Verbraucher verstehe das aber nicht. Auch der sogenannte Basisscore, den jeder per Brief abfragen kann, ist ein Durchschnittswert.
Schufa Videochatbot hin oder her: Die Formel, wie der Score berechnet wird, soll auch künftig geheim bleiben. Sie ist praktisch der Kern des Erfolgs der Schufa. Das Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft, die derzeit rund 30 Banken und Sparkassen gehört. Der schwedische Finanzinvestor EQT will die Schufa übernehmen und europaweit ausbauen. Erste Verhandlungen mit Anteilseignern laufen, allerdings haben Altaktionäre ein Vorkaufsrecht. Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken wollen den Einstieg der Schweden verhindern. Die Schufa soll rund zwei Milliarden Euro wert sein.
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