Blitzblank steht das erste Exemplar des ICE 3neo in der Werkhalle der Bahn in Berlin-Rummelsburg. Auf dem Nachbargleis rollt ein anderer ICE mit prominenten Gästen heran. Verkehrsminister Volker Wissing, Bahnchef Richard Lutz und Siemens-Vorstandschef Roland Busch kommen per Bahn zur ersten Vorführung der neuen Baureihe. Gerade einmal zwölf Monate brauchte Siemens für den Testzug. In der Vergangenheit lagen zwischen Planung und Auslieferung oft viele Jahre. Im Dezember sollen die ersten drei Züge den Verkehr aufnehmen und zunächst zwischen Nordrhein-Westfalen und München eingesetzt werden.
„Mit dem neuen Zug schaffen wir nicht nur mehr Kapazität in unseren Zügen, sondern erhöhen auch Qualität und Komfort für unsere Fahrgäste”, verspricht Lutz. Dafür sorgen ein paar Neuerungen. So gehört ein großes Ärgernis in den neuen Waggons der Vergangenheit an. Siemens hat ein Spezialglas entwickelt, das Mobilfunksignale durchlässt. Das Telefonieren wird dadurch verlässlicher, sofern es draußen ein Netz gibt. Bisher ermöglicht die Bahn Handy-Gespräche durch Signalverstärker in den Zügen. Das wird überflüssig. Ob es bald auch ein flächendeckendes Netz auf der Bahnfahrt gibt, lässt Digitalminister Wissing offen. Es werde geprüft, wie die Netzbetreiber dafür mit auf die Strecke genommen werden können.
ICE 3neo wird barrierefrei
Auch für Rollstuhlfahrer wird die Fahrt im Zug erleichtert. An einer der Türen befindet sich ein Hublift für Rollstühle. Die Bahnfahrt wird barrierefrei. Zudem gibt es mehr Stauraum, ein Kinderabteil und wie schon im ICE 4 acht Plätze für Fahrräder. 30 Züge hatte die Bahn bereits bestellt. Nun ordert das Unternehmen bei Siemens weitere 43 Züge. Insgesamt steigt die Sitzplatzkapazität dadurch um 32.000 Plätze. Die werden auch dringend gebraucht, wenn es mit dem Deutschland-Takt bis zum Ende des Jahrzehnts klappen soll. Dann sollen alle halbe Stunde Züge zwischen den Metropolen, alle zwei Stunden zwischen größeren Städten verkehren. „Wir wollen die Fahrgastzahlen in den kommenden acht Jahren verdoppeln”, sagt Wissing.
Der ICE 3neo ist für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ausgelegt. Bis zu 320 Stundenkilometer kann der Zug leisten. Auf entsprechenden Strecken soll er denn auch eingesetzt werden, etwa zwischen dem Rheinland und Berlin oder zwischen Wendlingen und Ulm. Auch auslandstüchtig ist die Technik. „Ein europäischer Zug” sei es, erläutert Busch, präpariert für einen reibungslosen grenzüberschreitenden Verkehr. Die Wertschöpfung daraus bleibt aber wesentlich in Deutschland. Siemens baut ihn im Krefelder Werk. Die rund 230 Zulieferer sitzen auch überwiegend im Inland. Rund 35 Millionen Euro kostet jeder Zug. Insgesamt bezahlt die Bahn für 43 weitere Züge 1,5 Milliarden Euro. Die ICE-Flotte wächst damit auf 400 Züge an.
ICE 3neo, aber: Schienennetz nach wie vor unausreichend
Mehr Platz auf den Gleisen haben die ICE 3neos freilich nicht. So muss der Verkehrsminister denn auch einräumen, dass für den pünktlichen Verkehr noch andere Aufgaben gelöst werden müssen. Es hakt bei den Netzkapazitäten. „Es ist vor allem die Überlastung, die zu den Problemen führt”, sagt Wissing. Wann sie gelöst werden können, weiß er offenkundig auch nicht sicher zu sagen.
Die Bahn selbst hofft auf die Rückkehr der in der Pandemie eingebüßten Passagiere. Die hohen Energiepreise machen dem Unternehmen im Gegensatz zu anderen Verkehrsträgern wenig zu schaffen. Weniger als zehn Prozent der Kosten eines Zuges entstehen durch die Antriebsenergie. Beim Flugzeug sind es zum Beispiel 30 Prozent.
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