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Hoffnungsträger: Kann Grüner Wasserstoff Erdgas ersetzen?

Das Forschungsministerium sieht beträchtliche Potenziale zur Herstellung – kann Grüner Wasserstoff Erdgas ersetzen?
Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger (FDP) will Deutschland zur Wasserstoff-Republik machen. (Foto: A.Indrau)
Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger (FDP) will Deutschland zur Wasserstoff-Republik machen. (Foto: A.Indrau)

Auf lange Sicht könnte Grüner Wasserstoff die Abhängigkeit vom Erdgas beenden. Das hofft zumindest Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger. „Wir wollen Deutschland zur Wasserstoff-Republik machen”, kündigte die FPD-Politikerin an und stellte einen Wasserstoffatlas vor, der die Potenziale zur Herstellung des sauberen Energieträgers in Deutschland zeigt.

Danach gibt es theoretisch die Möglichkeit, 800 Terrawattstunden (THW) Energie aus Wasserstoff zu gewinnen. Das hat der Wissenschaftler Michael Sterner von der Technischen Hochschule Regensburg errechnet. Die Bedarfsprognosen gehen für das Jahr 2050 von 700 THW aus. Das ist drei Mal so viel, wie die heutige Gasspeicher Deutschlands fassen können. Kann Grüner Wasserstoff Erdgas ersetzen? Wohl eher nicht: In der Praxis erwarten die Experten eine bei weitem geringere Ausbeute. Derzeit werden allenfalls zehn Prozent dieser Menge Wasserstoff in Deutschland produziert und davon nur ein sehr kleiner Teil mit erneuerbaren Energien. „Wir werden immer Importland bleiben”, dämpft auch die Ministerin allzu große Erwartungen. Die Bundesländer mit den höchsten Potenzialen sind Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Kann Grüner Wasserstoff Erdgas ersetzen?

Zur Herstellung von Wasserstoff wird viel Strom benötigt. Kommt diese Energie aus sauberen Quellen wie Windkraft oder Photovoltaik, ist sie klimaneutral, also CO2-frei. Das macht den Grünen Wasserstoff so interessant für die Energiewende. An Einsatzmöglichkeiten mangelt es Sterner zufolge nicht. So eignet sich das saubere Gas als Speicher für erneuerbare Energien. Auch im Schwerverkehr und in der Industrie sieht der Speicher-Experte einen hohen Bedarf. Schließlich könnten mit Hilfe von Wasserstoff auch CO2-freie synthetische Kraftstoffe produziert werden. Damit wiederum könnte Mitte des Jahrhunderts die immer noch große Flotte von Autos mit Verbrennermotoren klimaneutral betrieben werden. „Das ist neben dem erneuerbaren Strom der Haupttreibstoff, der Deutschland in Richtung Klimaneutralität bringt”, glaubt Sterner.

Stark-Watzinger fördert auch deshalb die Entwicklung der für eine heimische Produktion notwendigen Technologien mit 700 Millionen Euro. Davon erhofft sich die Ministerin auch erhebliche wirtschaftliche Chancen für deutsche Unternehmen. „Unsere Technologien haben das Zeug, Exportschlager zu werden”, glaubt sie. Vor allem dem Maschinenbau könnte der Grüne Wasserstoff einen Schub geben. Laut Ministerium ist Deutschland technologisch schon heute weltweit führend in dieser Branche.

Herstellung von grünem Wasserstoff ist ineffizient und teuer

Doch bevor sich die großen Hoffnungen einlösen lassen, müssen Politik und Wirtschaft noch eine Reihe von Problemen lösen. „Wir können immer nur einen Teil des Bedarfs in Deutschland decken”, sagt Stark-Watzinger. Deshalb sucht die Bundesregierung verlässliche Partnerländer in aller Welt. Australien steht auf der Liste der möglichen Lieferanten weit oben. Auch kommen wohl 30 Länder Afrikas als Partner in Frage. Die Ministerin spricht von Ländern, die die europäischen Werte teilen.

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Es gibt noch weitere Probleme. Noch immer ist die Herstellung von grünem Wasserstoff sehr teuer und ineffizient. Je nach Verfahren liegt der Wirkungsgrad bei etwa 60 bis 70 Prozent. Das heißt, für sechs Kilowattstunden Wasserstoff müssen zehn Kilowattstunden Strom eingesetzt werden. Laut ADAC würde ein Liter synthetischen Kraftstoffs, E-Fuels genannt, heute an der Tankstelle 4,50 Euro kosten. Bis 2030 geht der Autoclub von einem Preis von 2,29 Euro aus. Es müssten also erhebliche Effizienzgewinne geben, wenn dieser Treibstoff einmal wettbewerbsfähig werden soll.

Wirtschaft zeigt Interesse

Eine weitere Herausforderung ist die Leitungsinfrastruktur. Grundsätzlich kann Wasserstoff durch das bestehende Gasnetz transportiert werden. Damit dies geht, wird allerdings Gas beigemischt, zum Beispiel Methan. Die geplanten Terminals für LNG-Gas an den Küsten sollen gleich beim Bau so eingerichtet werden, dass sie später einmal Wasserstoff von Schiffen aufnehmen können.

Die Zahl der geplanten Anlagen für die Produktion von sauberen Wasserstoff zeigt, dass die Wirtschaft erhebliches Interesse daran hat. Allein in Niedersachsen weist der Atlas 3.140 Anlagen aus, bundesweit einsame Spitze. Die beiden anderen Küstenländer kommen zusammen auf rund 1.000 Anlagen, kleine Länder wie Sachsen nur auf knapp 90 oder noch weniger.

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