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Cannabis-Legalisierung: Hoffen auf den Milliardenmarkt

Die neue Bundesregierung will Cannabis legalisieren. Großhändler wie Cansativa erwarten ein gutes Geschäft. Die Legalisierung bringt einige Vorteile.
Die Cannabis-Legalisierung wird immer wahrscheinlicher - unter hohen Auflagen. (Foto: Richard T)
Die Cannabis-Legalisierung wird immer wahrscheinlicher – unter hohen Auflagen. (Foto: Richard T)

Es sind nur zwei Sätze im Gesundheits-Papier der Ampelkoalitionäre. Doch sie werden einen Milliardenmarkt in Deutschland entstehen, vielmehr legal werden lassen: Cannabis zu Genusszwecken. Mit guten Geschäften rechnet vor allem Cansativa. Das hessische Unternehmen hat bereits das Großhandelsmonopol auf Cannabis aus offiziellem deutschen Anbau.

Als Medizin ist Cannabis in Deutschland seit 2017 zugelassen. Künftig will die Bundesrepublik es auch für Genuss freigeben. Vorgesehen ist eine kontrollierte Abgabe durch lizenzierte Geschäfte. So will die Ampelkoalition sicherstellen, dass die Qualität stimmt, die Produkte nicht verunreinigt sind und der Jugendschutz sichergestellt ist. Ob der Stoff künftig nur in Apotheken zu bekommen ist oder auch in Kneipen, beim Tabakhändler und sogar im Supermarktregal, ist noch offen, wie vieles andere auch.

Der Markt ist riesig: Der Deutsche Hanfverband schätzt die derzeit illegal konsumierte Menge auf jährlich 200 bis 400 Tonnen, was einem Wert von ungefähr 1,2 bis 2,5 Milliarden Euro entspricht. Dagegen ist der legale Markt für Medizinalcannabis mit geschätzt 12,5 Tonnen in 2021 eher übersichtlich. Doch wer hier schon tätig ist, hat einen deutlichen Vorteil im legalisierten Genussmarkt.

Potenzielles Big Business: Medizinisches Cannabis

So sehen es jedenfalls Benedikt und Jakob Sons, Gründer und Geschäftsführer des Cannabis-Großhändlers Cansativa. Jurist Jakob Sons und Betriebswirtschaftler Benedikt Sons haben das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Vater, einem Mediziner, 2017 in Mörfelden-Walldorf nahe Frankfurt/Main gegründet. Das Großhandelsunternehmen beliefert Ärzte und Apotheker mit Medizinalcannabis, mit Blüten, Extrakten, Medikamenten. Der Marktanteil liegt hier nach eigenen Angaben bei 20 bis 25 Prozent. Die Konkurrenz ist groß: 87 Unternehmen haben eine Importlizenz für medizinisches Cannabis, nicht alle sind aber bereits tätig.

Anfang des Jahres konnten sich die Hessen einen strategischen Großauftrag sichern: Die Cannabisagentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte wählte es als exklusiven Großhändler für das in Deutschland legal angebaute Cannabis. Vier Jahre lang dürfen drei Unternehmen mit Lizenz der Cannabisagentur jährlich 2,6 Tonnen liefern, vertrieben über Cansativa. Bisher ist nur ein Unternehmen lieferfähig.

Strenge Auflagen für Cannabis sind sehr wahrscheinlich

„Der Zuschlag sichert uns schon einmal einen großen Anteil am Markt für Medizinalcannabis”, sagt Benedikt Sons. „Außerdem kennen wir uns mit den Prozessen, den Regularien und den Sicherheitsbestimmungen aus. Und wir haben Zugang zu Ärzten und Apothekern.” Alles Hürden für Firmen, die jetzt erst auf den Markt kommen und den bald frisch legalisierten Freizeitcannabismarkt aufrollen wollen. Denn auch wenn Cannabis für den Genuss legalisiert wird, dürfte es strenge Auflagen für Handel, Lagerung und Vertrieb geben, wie Benedikt Sons vermutet – ähnlich denen bei Medizinalcannabis.

Es unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, was aufwändige Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen bedeutet. Cansativa etwa lagert Waren in einem besonders gesicherten Tresorraum mit 100 Quadratmetern Fläche. Ein zweiter mit Hochregallager wird gerade gebaut. Denn das Unternehmen will im Freizeitmarkt nicht nur selbst tätig werden, sondern auch Service für andere anbieten: Lager, Lieferung, alles, „damit sich unser Kunde darauf konzentrieren kann, Cannabis zu verkaufen”, sagt Benedikt Sons.

Steuereinnahmen

Der Ökonom Justus Haucap von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat errechnet, dass die Freigabe von Cannabis allein dem Staat 4,7 Milliarden Euro jährlich bringen würde. Eingerechnet sind Steuereinnahmen von 1,8 Milliarden Euro aus einer Cannabissteuer, dazu kommen höhere Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie zusätzliche Lohnsteuer und Sozialabgaben. Denn Haucap erwartet, dass rund 27.000 legale neue Arbeitsplätze in der Branche entstehen werden. Zudem spart der Staat Ausgaben für Strafverfolgung und Justiz. Die Studie geht von einem Cannabis-Endpreis von unter zehn Euro je Gramm aus – einschließlich Steuern.

Cansativa: Vom Familien- zum Millionenunternehmen

In der Anfangsphase des Unternehmens war alles noch einige Nummern kleiner: Jakob Sons arbeitete halbtags in einer Kanzlei und packte nachmittags in einem kleinen Büro mit Tresor Pakete. Bruder Benedikt entwickelte parallel dazu nachts den Businessplan. Heute beschäftigt Cansativa 20 Mitarbeiter, der Umsatz liegt inzwischen im zweistelligen Millionenbereich.

Auch Finanzinvestoren haben das Unternehmen entdeckt: 2018 schon stieg der Risikokapitalgeber Northern Swan aus New York ein, Anfang 2021 folgte der Greenfields Global Opportunities Fund aus Kanada. Und die regionale Sparkasse gewährte dem Unternehmen einen Kredit, für die beiden Gründer der Nachweis, „dass wir profitabel arbeiten können”.

Cannabis-Nachfrage im ersten Jahr kaum zu decken

Wie sich der Freizeit-Cannabismarkt in Deutschland entwickeln wird, ist noch unklar. Die Nutzer hätten sich daran gewöhnt, sich in einem illegalen Markt zu bewegen, sagt Jakob Sons. Sie müssten sich erst neu orientieren. Außerdem konkurrierten standardisierte Produkte, auf die Mehrwertsteuer und vielleicht eine Cannabissteuer erhoben würden, mit billigeren Produkten auf dem Schwarzmarkt. Ein Blick nach Kanada kann die Richtung zeigen. Das Land legalisierte Cannabis 2018. „Binnen zwei Jahren sind 50 Prozent des Schwarzmarkts dort in legalen Markt gewandelt”, sagt Jakob Sons.

Eine Schwierigkeit dürfte auch das Angebot an Cannabis sein, das den staatlich festgelegten Ansprüchen genügt. Die Nachfrage im ersten Jahr sei durch die Produktion wohl kaum zu decken, sagt Benedikt Sons. Was derzeit illegal in Deutschland verkauft wird, schwankt in der Qualität, ist teilweise chemisch bearbeitet. Haschisch, das Harz der Cannabispflanzen, stammt dem Bundeskriminalamt zufolge vor allem aus Marokko. Marihuana, die Blüten der Cannabis-Pflanze, kommen in der Regel aus Westeuropa etwa Belgien, den Niederlanden und Spanien.

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