Zehntausenden Urlaubern ist die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook vor gut zwei Jahren noch in bester Erinnerung. Schnell stellte sich damals heraus, dass die Versicherungssumme gegen eine Pleite bei weitem nicht ausreichte, um den entstandenen Schaden zu decken, etwa Reiseanzahlungen zurückzuerstatten. Am Ende musste der Steuerzahler einspringen und die Kunden entschädigen. Denn der Gesetzgeber hatte es versäumt, eine ausreichende Deckungssumme für die Insolvenzversicherung vorzuschreiben.
Ab Anfang November gilt nun ein neues Insolvenzrecht bei Pauschalreisen. Die Reisebranche beginnt mit dem Aufbau eines Sicherungsfonds. Nach und nach sollen sie bis Ende 2027 rund 750 Millionen Euro als Rücklage für den Fall einer ähnlich großen Pleite dort einzahlen. Muss ein Veranstalter vorher Insolvenz anmelden und die bis dahin angesammelte Summe reicht nicht aus, springt erneut der Staat ein. In diesem Fall würde die öffentliche Hand mit einer Bürgschaft oder einer Bankgarantie Darlehen des Fonds absichern. Damit ist die Haftungsfrage eindeutig geklärt und betroffene Kunden müssen wohl nicht so lange wie im Falle Thomas Cook auf ihre Entschädigung warten.
Insolvenzschutz nach oben korrigiert
Der Fonds müsse immer so groß sein, dass er die Pleite des umsatzstärksten Anbieters und eines weiteren Unternehmens verkraften kann, hieß es bei der Verabschiedung des Gesetzes im Juni. Die alte Regelung sah eine Haftungsbegrenzung von 110 Millionen Euro für jeden Anbieter vor. Das reicht bei großen Reisekonzernen nicht aus. Nun wird die Haftung auf 22 Prozent des Jahresumsatzes erweitert. Das sollte nach Meinung der Bundesregierung für künftige Fälle genügen. Es gibt auch Ausnahmen von der Verpflichtung, in den Sicherungsfonds einzuzahlen. Kleine Veranstalter, die weniger als zehn Millionen Euro Umsatz machen, dürfen sich weiterhin über Bankbürgschaften oder Versicherungen gegen Pleiteschäden absichern.
Geklärt ist auch, wofür der Sicherungsfonds einspringen muss, wenn ein Veranstalter in Insolvenz gerät. Vorauszahlungen von Kunden werden ebenso erstattet wie die Kosten für den Rücktransport betroffener Urlauber vom Reiseziel oder die Ausgaben für ein Hotel bis zur Heimreise. Auch das ist ein Fortschritt. Im Falle Thomas Cook strandeten Tausende Urlauber regelrecht, weil die Kostenfrage zunächst ungeklärt blieb.
Kosten für Pauschalreisen werden steigen
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) ist mit der Neuregelung weitgehend zufrieden. „Nach Jahrzehnten der Unterversicherung und der dramatischen Pleite des Reisekonzerns Thomas Cook werden Pauschalreisende mit dem Reisesicherungsfonds endlich auch in Deutschland wirksam gegen Insolvenzen von Reiseanbietern abgesichert”, erläutert vzbv-Expertin Marion Jungbluth. Dieses brancheninterne Solidaritätsprinzip sei bei weitem gerechter, als das Schadensrisiko wie bislang den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufzubürden. Eventuell würden die Preise für Pauschalreisen etwas ansteigen, befürchtet Jungbluth, die noch eine weitere Forderung hat. „Fluggesellschaften sollten ebenso zur Teilnahme am Reisesicherungsfonds verpflichtet werden wie Reiseanbieter”, sagt die Verbraucherschützerin.
Genau wie die Flugbranche normalisiert sich die Reisebranche nur langsam. Der Deutsche Reiseverband (DRV) sieht die Neuregelung skeptisch. „Die neue Kundesgeldabsicherung bedeutet eine massive wirtschaftliche Herausforderung”, sagt DRV-Chef Norbert Fiebig, „gerade jetzt, wo die Unternehmen mit den dramatischen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben.” Dagegen erwartet der Deutsche Tourismusverband (DTV) höhere Kosten für die inländisch arbeitenden Veranstalter, etwa Freizeitparks. „Teure Rückholaktionen spielen innerhalb Deutschlands keine große Rolle”, sagt Verbandsgeschäftsführer Norbert Kunz. Dieses Risiko hätten die Anbieter bisher problemlos absichern können. Nun werde es wohl teurer.
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