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Einbrecher entdecken Energiekrise

Holz, Benzin, Teile von Solaranlagen – Einbrecher entdecken die Energiekrise für sich. Wie sich Besitzer schützen sollten.
Während der Energiekrise haben es Einbrecher auch auf Sprit, Brennholz oder Photovoltaik-Anlagen abgesehen. (jca/AI)
Während der Energiekrise haben es Einbrecher auch auf Sprit, Brennholz oder Photovoltaik-Anlagen abgesehen. (jca/AI)

Die Diebe hebeln die Eingangstür einer Gartenhütte auf und klauen dann das technische Herzstück, den Wechselrichter, einer Solaranlage, Wert: 200 Euro. Der weiße Transporter kommt an der Tankstelle an, ein Mensch steigt aus, tankt für 123 Euro, steigt wieder ein, fährt los, zahlen tut er nicht. Auf der Großbaustelle fehlen plötzlich 81 Heizkörper im Wert von 17.000 Euro, Unbekannte haben sie abtransportiert. Es sieht so aus, als wenn Einbrecher die Energiekrise für sich entdeckt haben.

Umfrage zeigt Anstieg der Straftaten

Drei von mehreren Fälle in diesem Sommer – kommt mit der Energiekrise eine neue Diebstahlserie, verschiebt sich da was? In der Tendenz: ja, auch wenn das nicht in allen Teilen Deutschlands gleich ist. Das zeigt eine Umfrage von Journalistico bei den Landeskriminalämtern.

„Mit dem Fernseher schleppt sich keiner mehr ab“, sagt zum Beispiel Patrick Martin von der Landespolizeidirektion Thüringen. Begehrt stattdessen: Photovoltaikanlagen. Teils räumten die Kriminellen, so Martin, große Photovoltaik-Felder komplett leer. Sie nehmen die Module, die Kabel, alles mit. Martin wundert das nicht – wegen der, wie er sagt, „Rohstoffmangel-Lage“.

Einbrecher und die Energiekrise: Auch Privatgrundstücke betroffen

Es sind angespannte Zeiten, Materialien sind knapp, Lieferungen bleiben aus. Die Energiekrise lässt Öl-, Gas, auch Strompreise steigen. Hausbesitzer bauen um, wollen sich eine moderne Heizung oder Photovoltaikanlagen anschaffen. Das hat alles seinen Preis und lockt Diebe. Solarpaneele und so fort waren zwar auch schon zuvor gefragt. Doch schlagen die Kriminellen derzeit mancherorts häufiger zu, zumindest nach den vorliegenden Daten.

Zum Beispiel: Sachsen. Dort registrierte die Polizei allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 34 Fälle, in denen Diebe es auf Photovoltaik-Anlagen und Solartechnik abgesehen hatten. 28 Mal davon waren sie erfolgreich und verursachten so einen Schaden von insgesamt knapp 253.000 Euro. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2021 lag der Schaden durch ähnliche Delikte bei fast 90.000 Euro. Und: Plünderten die Täter zunächst vor allem Solarmodule von Dächern größerer Hallen und Lager sowie auf Solarparks und Solarfeldern, interessieren sie sich neuerdings auch öfter für Garagen und private Grundstücke. In kurzer Zeit, vermutlich nachts kommen die oft sehr gut organisierten Täter und karren das Diebesgut mit kleinen Transportern oder LKW weg. Anders gesagt: Es sind Profis.

Das Diebesgut: Photovoltaik-Anlagen, Sprit und Brennholz

Die Diebe schlagen auch andernorts zu. Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt macht aber nicht nur bei Photovoltaik-Anlagen einen „aktuellen Anstieg der Fallzahlen“ aus, sondern auch bei Kraftstoffen. Seit Benzin und Diesel teurer geworden sind, kommen die Tankbetrüger häufiger. Sprit zapfen und weg, dass diese Masche zunimmt, bestätigt zum Beispiel auch das Landeskriminalamt in Brandenburg. Die Kennzeichen der Autos sind oft gefälscht.

Spritbetrug, Solar-Klau — dabei bleibt es nicht. Carola Jeschke, Sprecherin des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein rechnet „generell mit einem Anstieg der Kriminalität“ rund im die Energieversorgung, auch wenn in Schleswig-Holstein „insgesamt (noch) keine signifikante Steigerung festgestellt“ worden sei. Bei Brennholz sei das schon heute anders. Da gebe es „eine leicht ansteigende Tendenz“, sagt Jeschke. Ähnlich ist das etwa in Hessen. Dort macht das Landeskriminalamt beim Brennholz bis Ende August diesen Jahres im Vergleich zu 2021 eine „geringfügige Steigerung“ aus.

Faustregel: Es den Dieben nicht zu leicht machen

Wer einen Kamin hat, will sich derzeit mit Brennholz gegen die hohen Energiepreise wappnen. Darum gilt es so manchem derzeit schon als das neue Klopapier. Egal, ob es sich um abgebrochene Äste, geschnittene Holzscheite, umgeknickte Bäume und nur kleine Mengen handelt – im Wald darf sich niemand so einfach bedienen. „Jeder Wald gehört jemandem. Meistens ist er in Privatbesitz oder Eigentum der Gemeinden, Bund oder Länder“, sagt Michael Rempel, Jurist bei der R+V Versicherung. Das Sammeln von Holz für den heimischen Kamin ist daher nur gestattet wenn eine Erlaubnis der Gemeinde dazu vorliegt. Rempel rät, sich beim zuständigen Forstamt oder Gemeindeverwaltung zu erkundigen.

Zwar sehen nicht alle Landeskriminalämter Zunahmen beim Energie-Klau: Bremen, Hamburg nicht, auch Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nicht, gleiches in Bayern („keine signifikanten Veränderungen) und Baden-Württemberg („aktuell keine bemerkenswerte Verschiebung“). Und Berlin, Rheinland-Pfalz und Saarland erfassen dazu keine extra Daten. Das heißt aber nicht, dass es keine Gefahr gibt.

So gibt der Hamburger Polizeisprecher Sören Zimbal eine Faustregel mit: „Je mehr Aufwand der Diebstahl erfordert, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter von seinem Handeln absieht.“ Wer eine Solaranlage auf dem Dach habe, solle zum Beispiel Mülltonnen, Gartenmöbel, Leitern wegschließen, um es den Dieben nicht zu leicht zu machen hochzuklettern. Oder: Holz und Holzpellets sollten möglichst „in umfriedetem Besitztum“ gelagert werden. Und: Alle, denen etwas verdächtig vorkommt, sollten die Nachbarn und die Polizei informieren. So haben es Einbrecher während der Energiekrise besonders schwer.

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