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“Wir alle müssen uns Neuwahlen stellen”

CDU-Bundesvorstandsmitglied und JU-Landeschefin Wiebke Winter fordert die Erneuerung ihrer Partei. Eine Jamaika-Koalition hält sie weiterhin für möglich.
Wiebke Binder, Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und Bremens JU-Landeschefin. (Foto: Gottfried Schwarz)
Wiebke Binder, Mitglied des CDU-Bundesvorstandes und Bremens JU-Landeschefin. (Foto: Gottfried Schwarz)

CDU-Bundesvorstandsmitglied und JU-Landeschefin Wiebke Winter fordert einen Neustart der Union. Ein Signal dafür soll an diesem Wochenende vom Deutschlandtag der Jungen Union ausgehen.

Frau Winter, an diesem Freitag beginnt der Deutschlandtag der Jungen Union. Die Zeiten bei CDU und CSU sind unruhig. Welches Signal soll von dem Treffen ausgehen?

Als Jugendorganisation sind wir die Klammer zwischen CDU und CSU. Bei uns sind alle Landesverbände dabei, auch die Bayern. Deswegen kann – und ich hoffe, dass es auch so kommt – von diesem Deutschlandtag ein Signal der Geschlossenheit ausgehen. Das habe ich im Wahlkampf an mancher Stelle vermisst.

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hat selbst nach dem Wahltag noch Armin Laschet die Schuld am Unions-Ergebnis gegeben: Am Ende hätten die Deutschen einen anderen Kanzlerkandidaten gewollt. Wie sollen CDU und CSU wieder Vertrauen zueinander fassen?

Wir sind Schwesterparteien, und in einer Familie kann es vorkommen, dass es mal knarzt. Jetzt ist es aber wichtig, dass wir wieder geschlossen zusammenstehen. Egal, was passiert – ob wir in die Opposition gehen oder in eine Jamaika-Koalition eintreten – unser Land braucht eine starke Union.

Wir stehen als Union weiterhin für Gespräche für Jamaika zur Verfügung.”

Mit Verlaub, halten Sie eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union noch für möglich?

Klar, erst einmal sondiert die Ampel. Wir stehen aber als Union weiterhin für Gespräche für Jamaika zur Verfügung. Ich halte das für wichtig, weil diese Koalition Deutschland nach vorne bringen würde. Zum Beispiel bei der Finanzpolitik, beim Thema Klima und bei der Generationengrechtigkeit. Deswegen: Nein, ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Wir stehen weiter bereit für Jamaika.

Sie sind nicht nur Bremens JU-Chefin, sondern auch Mitglied im CDU-Bundesvorstand und fordern „mehr jüngere und weibliche Menschen”. Welchen Unterschied sollen Alter und Geschlecht machen?

In einer Partei ist es wie in einem Unternehmen: Diversität hilft, zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Deswegen ist es wichtig, dass man ein ausgewogenes Verhältnis hat zwischen den Menschen, die erfahrener sind, und denen, die jünger sind und andere Perspektiven mitbringen. Da brauchen wir einen Mix. Momentan ist es in der CDU so, dass wir nicht repräsentativ die Gesellschaft abbilden können. In der neuen Fraktion und im Bundesvorstand sind wir immer noch zu wenig junge Menschen und zu wenige Frauen.

Nach nur einem Jahr im Bundesvorstand müssten Sie sich wegen der verhauenen Bundestagswahl einer Neuwahl stellen. Nervt Sie das nicht?

Ich würde mich freuen, wenn mir meine Partei wieder das Vertrauen schenken würde und ich länger als ein Jahr im Bundesvorstand bleiben darf. Es ist mir allerdings persönlich wichtig, das Vertrauen meiner Partei in mich zu erneuern. Wenn wir wirklich einen Neuanfang wollen, müssen wir uns auch alle Neuwahlen stellen.

In der Gremiensitzung am letzten Montag blieb alles Gesprochene erstmals vertraulich. Warum erst jetzt?

Ich finde das enorm wichtig. Vertraulichkeit und dadurch Offenheit sind für den demokratischen Diskurs elementar. Mich hat es zuvor sehr genervt, dass man manche Sitzungen live auf Twitter verfolgen konnte.

Meinen Sie, das bleibt jetzt dabei? Offenbar mangelte es ja am gegenseitigen Vertrauen.

Das fordere ich ein! Auch dass aus den Vorsondierungen mit Grünen und FDP Informationen herausgesickert sind, hat gezeigt: Mit so einer Arbeitsweise kommen wir nicht weiter.

Wir können es uns gerade nicht leisten, ewig über Personalien zu diskutieren.”

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagt, jetzt müsse „alles auf den Tisch”. Ist Armin Laschet denn der Richtige, um den Neuanfang zu gestalten?

Ich bin Armin Laschet sogar dankbar dafür. Wir können es uns gerade nicht leisten, ewig über Personalien zu diskutieren. Wir müssen endlich darüber sprechen, für welche Inhalte wir stehen. Ich habe Armin Laschet im Wahlkampf kennengelernt, er ist ein echter Teamplayer, er kann zuhören. Und er kann Menschen zusammenführen, deshalb verspreche ich mir viel davon, dass er jetzt den Übergang moderiert.

Sie hatten sich für Norbert Röttgen als Kanzlerkandidat der Union stark gemacht. Würden Sie ihn jetzt für den Parteivorsitz unterstützen, sollte er kandidieren?

Wir wissen doch noch gar nicht, wer sich zur Wahl stellen möchte. Ich habe bei der Vorsitzendenwahl zuvor Jens Spahn unterstützt. Auch diesmal werde ich mir anschauen, wer sich mit welcher Programmatik bewirbt. Wie gesagt: Mir geht es um die Inhalte.

In der CDU ist jetzt von einer „Teamlösung” an der Spitze zu hören. Was soll das eigentlich sein? Eine Doppelspitze ist wohl nicht geplant.

Ich gehe davon aus , dass wir weiterhin nur einen Parteivorsitzenden oder eine Parteivorsitzende haben werden. Ich finde es gut, dass wir in manchen Gremien Doppelspitzen haben. Aber an der Spitze einer Partei brauchen wir eine Person, die entscheidet.

Und wie fänden Sie es, wenn das dann wieder ein mittelalter Mann des Parteiestablishments würde?

Es geht vor allem darum, wer die CDU in den nächsten Jahren führen kann. Wenn das ein mittelalter Mann ist, dann soll er das sehr gerne machen, solange er es gut macht.

Über Wiebke Winter

Foto: Gottfried Schwarz

Wiebke Winter ist die Landesvorsitzende der Jungen Union Bremen. Winter wurde 1996 in Kiel geboren und 2021 als jüngstes Mitglied in den Bundesvorstand der CDU gewählt.

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