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Japankäfer: Gefräßiger Schädling erobert Deutschland

Erst wanderte er in die Vereinigten Staaten ein, dann nach Italien. Nun kommt der Japankäfer nach Deutschland. Das kann teuer werden.
Japankäfer in Weinreben (Foto: L. Sutter/EPSD Schweiz)
Japankäfer in Weinreben (Foto: L. Sutter/EPSD Schweiz)

Der Japankäfer ist gefräßig – und eine Bedrohung. Er macht sich her über Ahorn, Buche, Eiche und Flieder. Auch Schneeball, Thuja, Dahlien und Astern stehen auf seinem Speisezettel. Mais, Kartoffeln und Spargel frisst er ebenfalls gerne. Genauso wie Apfel-, Kirsch-, und Pflaumenbäume sowie Weinreben. Der Japankäfer hat Appetit auf die Blätter, Blüten und Früchte von rund 300 Pflanzenarten. Auch gepflegte Rasen, Wiesen und Weiden sind vor ihm nicht sicher. Sie nutzt er als Kinderstube. Seine Larven lieben die Graswurzeln.

Woran man den Japankäfer erkennt

Dabei sieht er hübsch aus. Dem Maikäfer zum Verwechseln ähnlich. Der Halsschild schillert metallisch grün. Die Flügel sind braun. Eins ist dann doch anders: Der Japankäfer hat rechts und links an der Seite jeweils fünf weiße Haarbüschel. Und zwei am Ende des Körpers. Außerdem spreizt er die Hinterbeine seitlich ab, wenn er gestört wird. Daran lässt er sich erkennen. Das ist entscheidend, weil ihm die Ankunft in Deutschland schwer gemacht werden soll. Das Julius-Kühn-Institut, JKI, bittet alle um Hilfe.

Das JKI ist so etwas wie das Robert-Koch-Institut, das RKI, nur nicht zuständig für die Krankheitsüberwachung von Menschen, sondern von Pflanzen – und alarmiert seit der Japankäfer Mitte Juli in eine Insektenfalle in der Nähe des Baseler Güterbahnhofs im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet getappt ist. Eigentlich stammt Popillia japonica, so der lateinische Name, aus Asien. Dort ist er unauffällig.

„Die Tatsache, dass der Japankäfer nun im Deutsch-Schweizerischen Grenzgebiet auf der Alpennordseite gesichtet wurde, versetzt die deutschen Pflanzengesundheitsbehörden in Alarmbereitschaft”, so Bernhard Carl Schäfer vom Julius Kühn-Institut. “Um ökonomischen und ökologischen Schäden vorzubeugen, soll unbedingt verhindert werden, dass sich der Käfer in Deutschland etabliert.“

Ein Käfer auf Welttournee

Vor etwa 100 Jahren wurde der Japankäfer bereits in die USA eingeschleppt. Er hat dort keine natürlichen Feinde, fühlt sich pudelwohl und hinterlässt seine großen Fraßspuren. In den 70er Jahren tauchte er dann auf den Azoren auf. 2014 reiste er vermutlich als blinder Passagier mit dem Flugzeug von dort nach Norditalien, in die Lombardei. Er macht seinen Weg – um zu bleiben.

Biologen wie Phillip Haubrock vom Senckenberg-Forschungsinstitut und Naturmuseum in Frankfurt am Main zählen den Japankäfer zu den „invasiven Arten“, zu den fremden Spezies, die in neue Regionen vordringen und sich dort auf Kosten anderer breit machen.

Wie sich der Japankäfer verbreitet

Die kleinen Eroberer kommen nicht nur per Flugzeug. Auch per Schiff oder mit dem Laster und Auto legen sie große Strecken zurück. Sie reisen mit im Bodensubstrat oder in Erdballen, wenn Topfpflanzen für Privatleute oder Gewächse für Baumschulen aus dem Ausland importiert werden. So soll zum Beispiel das Xylella-Bakterium, das in Italien Millionen Olivenbäume tötete, aus Lateinamerika angerückt sein.

Die invasiven Arten werden wie die Rote Feuerameise als exotische Haustiere gehandelt, büxen dann aber aus. Berühmt dafür sind die Schwärme von grünen asiatischen Halsbandsittichen, die nun in der Düsseldorfer Königsallee fliegen. Andere Arten schwimmen in den Ballastwassertanks von Schiffen.

Oder sie setzen sich – wie der Japankäfer es mit den kleinen Haken an seinen Beinen kann – im Gepäck, am Haustier, am Fahrzeug fest.

Welche invasiven Arten am schädlichsten sind

Reisende aus Italien sollen, so fordert das JKI, besonders auf den verdächtigen Käfer achten. Aber auch alle Gärtner und Landwirte, vor allem in Baden-Württemberg. „Erst einmal hier wird der Käfer sich voraussichtlich sehr wohl fühlen, ihm behagt das Klima hier“, sagt Biologe Haubrock – mit allen ökonomischen Schäden.

Haubrock ist einer der wenigen in Deutschland, die sich mit den wirtschaftlichen Folgen von Eindringlingen wie dem Japankäfer befassen. Gerade erst hat er den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand zusammengetragen: Mit internationalen Kollegen hat er die große Datenbank Invacost durchforstet, in der einzelne Schäden, die invasive Arten auf der Welt schon verursacht haben, erfasst sind.

Demnach gehören zu den fünf größten Kostenverursachern europaweit bislang: Die Wanderratte, die ursprünglich aus den Steppen in Sibirien, Nordchina und der Mongolei kommt und alles annagt. Der asiatische Eschenprachtkäfer, der Eschen so zusetzt, dass sie binnen zwei Jahren sterben. Das Wildkaninchen, das einst allein in Iberien und Nordafrika vorkam, sich längst aber auch in Deutschland oft zu vielen tummelt, Beete kahl frisst, auch Seuchen bringen kann. Das Beifußblättrige Traubenkraut, die Ambrosia artemisiifolia, das vor 150 Jahren aus Nordamerika eingeschleppt wurde, das in der Landwirtschaft als Unkraut gefürchtet, aber auch für Allergiker ein Schrecken ist. Und zuletzt die Plattwurmart Gyrodactylus salaris, ein Fischparasit, der Lachsen, der Regenbogenforelle oder dem Seesaibling zu schaffen macht. 

Invasive Arten verursachen 116 Milliarden Euro Schaden

Weitere Ergebnisse: Insgesamt haben invasive Arten in den vergangenen 60 Jahren in Europa Schäden von mindestens gut 116 Milliarden Euro verursacht. Allein in Deutschland sind es im selben Zeitraum geschätzte 8,21 Milliarden Euro. Die Bundesrepublik gehört neben Großbritannien, Spanien und Frankreich zu den Ländern mit den höchsten Kosten. Betroffen sind vor allem Land- und Forstwirtschaft. Der Japankäfer soll diese Schäden nach Möglichkeit nicht noch weiter in die Höhe treiben.

Das ökologische Desaster ist da noch gar nicht eingerechnet. Die Neuankömmlinge können einheimische Arten verdrängen. So sorgt sich so mancher um das Eichhörnchen, dem das aus Nordamerika stammende Grauhörnchen den Platz streitig machen könnte. Erst vor kurzem berichteten französische Forscher, dass weltweit so schon heute 40 Prozent der Vögel und elf Prozent der Säugetiere in ihrer Lebensweise beeinträchtigt seien. Die Invasoren bringen das ökologische Gleichgewicht durcheinander.

Noch würden die teuren Eindringlinge nicht ernst genug genommen, kritisiert Haubrock. Es mangele an Erhebungen, Berichterstattung, genauer Beobachtung und Vorsorge. Die Ankunft von Invasoren wie dem Japankäfer müsse besser verhindert werden. „Die Invasionsraten steigen mit der Globalisierung und einer immer vernetzteren Welt weiter,“ sagt er, „wir müssen davon ausgehen, dass auch die wirtschaftlichen Kosten diesem Trend folgen.“ Die Kosten durch wirtschaftliche Schäden hätten sich in der Vergangenheit in jeder Dekade verzehnfacht.

Wie sich der Japankäfer bekämpfen lässt

Erkannt ist das Problem. Die EU hat in einer sogenannten „Unionsliste“ 66 Pflanzen- und Tierarten benannt, die als invasiv und damit gefährlich gelten. Darunter zum Beispiel der aus China stammende dekorative Götterbaum, der bei Hobbygärtnern beliebt ist, da er anspruchslos ist. Nur kann er sich darum auch schnell ausbreiten.

Mögliche Schäden, die diese Arten verursachen sollen frühzeitig erkannt, bekämpft oder zumindest gemanagt werden. Die EU hat darüber hinaus 20 Arten als „prioritäre Schädlinge“ eingestuft, weil sie als besonders schwerwiegende Bedrohung gelten. Darunter: der Japankäfer. Wird er gefunden, ergreifen die Behörden laut JKI „Ausrottungs- und Monitoringmaßnahmen, auf die sich die EU-Mitgliedsstaaten geeinigt haben.“

Bekämpfen lässt sich der Japankäfer mit verschiedenen Methoden. Als biologische Maßnahme können gegen die Larven des Japankäfers parasitische Fadenwürmer (Nematdoden) eingesetzt werden. Auch mit Insektiziden und Neem-Produkten (Wirkstoff: Azadirachtin) lässt sich der Japankäfer bekämpfen. Käferlarven und -Puppen im Boden könnten möglicherweise auch mit Motorfräsen bekämpft werden, so das Julius-Kühn-Institut. Bei anderen Schädlingen habe diese Methode gute Erfolge gezeigt. 

Den Japankäfer den Behörden melden

Wer verdächtige Käfer sieht, soll sie tot oder lebendig fangen, in einem Röhrchen oder Gläschen verschließen, Funddatum drauf schreiben und dann den Behörden übergeben. Das JKI hat eine Liste der zuständigen Stellen zusammengestellt.

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